Interview mit Udo Wachtveitl

(Loisachhalle/Wolfratshausen)

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Bayerische Kultserien: Herr Wachtveitl, zuerst ein mal folgende Feststellung: Schauspieler, Synchronsprecher, Drehbuchautor, Lesungen und auch ein wenig Musiker…Sind Sie ein Multitalent?

Udo Wachtveitl: (lacht) Mei, jetzt wo Sie es mir so sagen drängt sich das auf, wobei die Betonung eher auf dem „Multi“ liegt. Talent ist bestimmt hier und da vorhanden, aber nicht bei allen Übungen, die ich pflege..

B K: Aber zumindest in vielem Erfolgreich. Wenn man sich so ansieht, bei welchen Projekten Sie schon mitgemacht haben, ich erinnere mich da an die Übersetzung eines Asterix-Comic auf bayerisch oder auch die „Local Grooves“….

U W: (Guckt verwirrt) Local was?

B K: „Local Grooves“ – Eine Musiksprachkurs-Reihe…

U W: Ach ja stimmt! Da durfte ich auch textlich mitmachen und bin extra in die bayerische Akademie der Wissenschaften gegangen um das auch alles wissenschaftlich zu fundieren. Das war sehr nett. Die haben mich jetzt auch nochmal eingeladen, ob ich nicht einen Abend zum Thema „Dialekt“ moderieren möchte. Als Moderator fühle ich mich insofern gut aufgehoben, als dass ich ja kein Fachmann bin. Eigentlich für gar nichts (lacht), aber für die wissenschaftliche Betrachtung des Dialekts auch nicht. Ich bin aber natürlich mit Dialekt aufgewachsen und vieles von dem was ich tue hat mit Dialekt zu tun. Ich kenn halt auch so dieses versaute 60er und 70er Jahre Schulhof-Münchnerisch. Ich finde das ganz spannend was sich da tut.

B K: Liegt Ihnen denn das bayerische so am Herzen?

U W: Ja, ich weiß aber jetzt gar nicht, ob ich das bewusst will, oder ob einem natürlich auch immer wieder bestimmt Dinge zugetragen werden. So eine Art Kennmarke hat man als bayerischer Kommissar nach all den Jahren anhaften. Nach dem Motto: „bayerisch kann er auch!“.

B K: Das hat also nichts damit zu tun, dass Sie das immer wieder wollen.

U W: (lacht) Nein, ich spiele auch Klassiker oder Theater in Luxemburg wenn es sein muss.

B K: Gerade ist ja auch im bayerischen Fernsehen die Sendereihe „Das bayerische Jahrtausend“ sehr erfolgreich gelaufen. Können Sie sich vorstellen öfter bei solchen Projekten mitzuwirken?

U W: Ja, das war eigentlich sehr schön, wenn auch sehr anstrengend. Ich habe viel gefroren, aber es hat sich gelohnt, weil ich da z.B. auch an Orte gekommen bin, wo ich sonst nie hingekommen wäre. Damit meine ich jetzt nicht den Stadtplatz von Hinterhuglhapfing, sondern bestimmte Burgen, alte Bürgerhäuser oder Räumlichkeiten in Museen, die eigentlich sonst verschlossen sind.  Das war sehr schön.

B K: Wenn man soviel macht, wird da der Zeitplan nicht eng?

U W: Joa, schon. Ich hab ja ein großes Freizeit- und Freiheitsbedürfnis, aber je nach dem wie angenehm oder Interessant so ein Angebot ist, nimmt man halt gern weniger Freizeit im Jahr in Kauf.

B K: Mit dem Tatort-Duo Batic/Leitmayr stehen Sie ja von der Bekanntheit und auch Beliebtheit noch vor den großen Namen wie Bayrhammer und Fischer.

U W: (lacht) Naja, es gibt ja einen abgewandelten Spruch aus einem Shakespeare-Stück, wo es heißt „bis es euch gefällt!“. Jetzt gibt es uns natürlich schon so lange, dass die Leute vielleicht auch Ausdauer mit Qualität verwechseln. Wobei wir uns natürlich schon Mühe geben! Das können auch alle Regisseure mit denen wir schon gearbeitet haben bestätigen. Da gibt es auch nach all den Jahren kein „Kenn ma scho“, „Wiss ma scho“ oder „Hamma immer scho so g’macht“! Jedes Projekt ist anders und freilich sind da auch mal schlechtere darunter. Dass wir aber jetzt nach 62 Tatorten von den Leuten als Kult empfunden werden, hat ganz sicher auch mit der Dauer zu tun.

B K: Haben Sie schon Tatort geguckt bevor Sie selber Kommissar geworden sind? Gab es Vorbilder?

U W: Ich hab schon den Tatort angeschaut. Ich mochte den Haferkamp (gespielt von Hans-Jörg Felmy und Vorgänger von Horst Schimanski) ganz gerne und den, der auch den wunderbaren Tatort „Reifezeugnis“ gemacht hat (überlegt). Klaus Schwarzkopf! Der hat immer so ganz Mätzchenlos gespielt. Ich war nie ein großer Freund von Schimanski. Wenn man sich das auch heute anschaut, dann ist das „Männerkitsch“ bis an den Rand der Lächerlichkeit. Manche waren bestimmt ganz gut, aber oft auch übertrieben.

B K: Sie sind jetzt seit 1991 beim Tatort. Wie haben sich seitdem die Dreharbeiten verändert?

U W: Stressiger ist es geworden und viel mehr Arbeit. Nicht unbedingt die inhaltliche Qualität der Geschichten, da gibt es glaub ich nach wie vor Ausreißer nach oben und unten, sondern das filmhandwerkliche Niveau und die Erwartung der Zuschauer.  Es wird viel mehr aufgelöst, d.h. mehr Kameraeinstellungen. Wenn man sich manchmal Verfolgungsjagd-Szenen aus den 80ern ansieht, die sind zum Teil grotesk komisch, weil sie so schlecht sind. Das ist nur ein Beispiel von etwas, dass sich heute keine mehr ansehen würde. Und dann muss heutzutage alles sehr viel schneller gedreht werden. Auch da ist der Effizienzdruck höher geworden.

B K: Vor dem Tatort gab es Ihre Rollen in den Serien „Zur Freiheit“ und „Hans im Glück“, die ja auch bis heute Kult sind. Werden sie noch auf die Rolle des Toni (Hans im Glück) oder des Paragraphen-Fritze (Zur Freiheit) angesprochen?

U W: Ja, „Hans im Glück“ hat doch nachhaltig Wirkung gehabt. Auf „Zur Freiheit“ werde ich eigentlich wenig angesprochen, obwohl mir die Rolle großen Spaß gemacht hat. Vielleicht hat sich der „Paragraphen-Fritze“ bei „Zur Freiheit“ nicht so in das Bewusstsein gedrängt wie der Toni, weil da halt auch so viele andere tolle Schauspieler mit durchgehenden Rollen dabei waren.

B K: Sie werden aber nicht mehr mit „Howgh“ (Gruß aus der Serie „Hans im Glück“) begrüßt oder?

U W: (Lacht) Das war aber danach noch lange so. (schmunzelt) Das war tatsächlich eine Erfindung von uns und stand in keinem Drehbuch. Ich und der Horst (Kummeth, Schauspieler und Drehbuchautor der Serie) haben uns damals daran erinnert, dass eigentlich jede Jugendclique seine eigenen Rituale hat. Dann haben wir gesagt „Das ist doch lustig, dass machen wir.“ (lacht) Das war also unsere Erfindung.

B K: Schauen Sie sich selber gern noch diese Serien an?

U W: Sie werden das jetzt nicht glauben, aber ich kann mir mich ganz schlecht im Fernsehen angucken. Das wird auch immer schlimmer. Also ich vermeide es mich anzuschauen.

B K: Würden Sie denn gerne wieder mal so eine Serie oder ähnliches drehen?

U W: Das kann man ganz einfach beantworten: Wenn das Buch oder die Idee gut ist schon, wenn nicht dann nicht. Meine „Absagekarriere“ ist größer als meine „Zusagekarriere“. (lacht) Ich hab in den letzten Jahren das große Glück gehabt immer noch ein oder zwei schöne Projekte dazu realisieren zu können. Sei es Theater oder Film mit anderen Hauptrollen. Wie gesagt, wenn etwas Gutes daherkommt, dann gern. Aber es kommt da halt nicht soviel.

 B K: Ist die Rolle beim Tatort Ihre Traumrolle?

U W: Na. Ich meine, man geht ja nicht in den Beruf und sagt „jetzt jage ich Verbrecher“. Es ist schön und es passt sehr gut, weil man sich die Rolle des Franz anziehen konnte wie eine Jacke. Je länger man ein Kleidungsstück trägt, desto mehr wachsen Kleidung und Träger zusammen. Das passt schon sehr gut und wir haben das Glück unsere Rolle über das übliche „wo waren sie gestern Nacht zwischen 23 und 0 Uhr“ hinaus prägen zu können. Da können wir schon froh sein.

B K: Wie viel von Kommissar Leitmayr steckt denn auch in Udo Wachtveitl?

U W: Das ist ganz erstaunlich. Genauso viel wie von ihm in mir steckt, genauso viel steckt von mir in ihm. Soviel. (lacht)

B K: Sie schreiben selber ja auch Drehbücher. Wird es mal eine Tatort-Geschichte von Ihnen geben?

U W: Ja, aber wenn dann nicht für unseren. Ich hätte natürlich Angst, mich dem Vorwurf aussetzen zu müssen ich würde mir die bessere Rolle schreiben.  Also würde ich alles versuchen diesen Eindruck nicht zu erwecken. Das läuft dann darauf hinaus, dass  ich dem Miro die bessere Rolle schreibe und das kann ich ja erst recht nicht wollen. (grinst) Also lieber nicht.

B K: Gibt es denn eine Serie oder einen Film, die Sie selber immer wieder gerne sehen?

U W: Ja, aber das ist eigentlich ganz unoriginell.  Eigentlich ziemlich alles vom Dietl. Das ist jetzt nichts Erstaunliches sondern die waren einfach gut und poetisch. Ich fand auch tatsächlich seine Fernsehsachen besser als die Kinofilme. Nicht nur weil das ein anderer Maßstab ist, sondern weil ich die eigenständigen Geschichten besser finde. Das ist eher erstaunlich, weil er ja beim Kino mehr Geld und Möglichkeiten gehabt haben müsste. Aber diese bayerischen Sachen waren eben oft so...(überlegt) dahingetupft, so schnelle Skizzen. Da hat man sich dann vielleicht auch, weil nicht so viel Geld eine Rolle spielte und kein Erwartungsdruck vorhanden war, mehr getraut als im Kino.

B K: Mit der Vorliebe für Dietl-Serien sind Sie auf jeden Fall in guter Gesellschaft.

U W: Aber es gibt noch eine andere Serie, an die erinnere ich mich, weil ich die als Kind gerne geschaut hab. „Die seltsamen Methoden des Franz Josef Wanninger“. Das fand ich eigentlich ganz lustig, auch wenn ich nur noch vage Erinnerungen daran habe, was an den Methoden so seltsam war. (lacht) Das würde ich gerne mal wieder sehen und darüber nachdenken, ob man so etwas nicht mal wieder machen kann. Mit heutzutage seltsamen Methoden. (lacht)

 B K: Dann freuen wir uns vielleicht demnächst auf die „seltsamen Methoden des Franz Leitmayr“! Wissen Sie noch, dass Sie ja wenn man es genau nimmt auch bei „Irgendwie und Sowieso“ eine Rolle gespielt haben?

U W: (Guckt verwirrt) Hab ich das?

B K: In der legendären Szene mit Effendi im Gespräch mit einem Dichter in der münchner Disco haben Sie damals den Schauspieler Kai Taschner synchronisiert. Das wissen Sie wohl gar nicht mehr.

U W: Na! (lacht) was man so alles macht im Leben.

B K: Vielen Dank für das Gespräch!

 

 
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