Interview mit Hans Schuler
(18.04.24 Weyarn)
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Bayerische Kultserien:
Hans,
als erstes habe ich eine Frage, die nichts mit Schauspiel zu tun hat. Stimmt es,
dass Du bei Deinem Wehrdienst auf der Gorch Fock gedient hast?
Hans
Schuler:
Zum Teil. Der
Pflichtwehrdienst betrug damals 15 Monate, davon war ich 3 Monate auf Borkum zur
Seemännischen Grundausbildung. Dann war ich ein halbes Jahr auf dem Tender
Neckar, ein Versorgungsschiff für Trinkwasser, Diesel und Munition. Das letzte
halbe Jahr war ich dann auf der Gorch Fock.
B K:
Marine
ist ja eher ungewöhnlich für einen Bayern.
H S:
Man
kann davon ausgehen, dass das immer so ca. 10% der Marine-Soldaten Bayern sind.
Genauso wie es umgekehrt ca. 10% Norddeutsche bei den Gebirgsjägern gibt oder
gab. So eine Durchmischung wurde schon bewusst gemacht.
B K:
Was
bedeutet es für Dich als Volksschauspieler bezeichnet zu werden?
H S:
Diese Frage höre ich tatsächlich öfter und ich habe immer eine klare Antwort:
Für wen spielt man denn? Das ist im Grunde das Volk und keine elitäre
Minderheit. Also habe ich mit diesem Ausdruck überhaupt kein Problem. Mag sein,
dass es Schauspieler gibt, die diesen Begriff als „zu niedrig“ empfinden, aber
dem schließe ich mich nicht an.
B K:
Ich
habe mal gelesen, dass Du gar nicht alle Produktionen zählen kannst, bei denen
Du mitgewirkt hast, weil es so viele sind. Und das schon mindestens seit 1986.
H S:
1986 war das Jahr, in dem ich begonnen habe professionell als Schauspieler zu
arbeiten. Davor habe ich es immer nebenbei gemacht. Ich kam dazu, weil Franz X.
Bogner mein Cousin ist, der bei der Hochschule für Fernsehen und Film in München
Regie studiert hat. Natürlich musste er für das Studium einen Übungs- und später
auch einen Abschlussfilm machen. In seiner Art meinte der Franz damals zu mir:
„Da spielst du mit!“. Damals habe ich in gnadenloser Selbstüberschätzung mit „Ja
logisch!“ geantwortet. (lacht) Aber irgendwas scheint ihm daran gefallen
zu haben, weshalb er mich auch immer wieder geholt hat. Richtig losgegangen ist
es dann bei einer ganz frühen Serie vom Bogner, die hieß „Familie Meier“ mit
Karl Obermayr. Das waren 15minütige Episoden, die glaube ich am Sonntagvormittag
gelaufen sind.
B K:
Im
Internet findet man oft die Angabe, dass „Zeit Genug“ die erste Serie von Franz
X. Bogner war.
H S:
Das
stimmt nicht. „Zeit Genug“ ist von 1981 und „Familie Meier“ kam vorher, ich
glaube sogar schon Ende der 70er. Bei den Dreharbeiten habe ich den Georg Maier
kennen gelernt, der die Iberl Bühne betrieben hat. Franz hat dann noch mehr den
Kontakt hergestellt und so habe ich im Mai 1986 begonnen bei ihm zu spielen. Das
war eine große Ehre für mich, denn die Iberl Bühne war DAS bayrische Theater
schlechthin. Seitdem lebe ich von der Schauspielerei.
B K:
Stimmt
es, dass Du für die Iberl Bühne bei über 1600 Vorstellungen dabei warst?
H S:
Ja.
Sechseinhalb Jahre und jedes Jahr ca. 250 Vorstellungen.
B K:
Und das
ohne Schauspielausbildung.
H S:
Ohne direkte Ausbildung bzw. eine Schauspielschule, das stimmt. Darunter habe
ich auch lange etwas gelitten, weil ich mir deswegen öfter mal ein Defizit
eingeredet habe. Allerdings hatte ich dann schon auch eine Familie und meine
Engagements liefen eigentlich sehr gut, deswegen habe ich die Schule dafür
einfach weggelassen. Ich hatte das Theater und durfte immer nebenbei drehen. Da
ging es 1986 auch mit „Irgendwie und Sowieso“ los, wo ich auch hinter den
Kulissen immer beteiligt war. Eine wunderbare Rolle hat mir Franz x. Bogner dann
für die Serie „Zur Freiheit“ geschrieben.
B K:
Gibt es
denn überhaupt eine Bogner-Serie, bei der Du nicht mitgespielt hast?
H S:
(überlegt)
Die letzte, „Himmel Herrgott Sakrament“. Ich glaube das war die einzige, bei der
ich bis jetzt noch nicht dabei war. Bei „Cafe Meineid“ oder „Der Kaiser von
Schexing“ war es nicht groß, aber es gab immer Gastrollen für mich.
B K:
Du
wirst von Franz X. Bogner ja bestimmt nicht nur besetzt, weil Du der Cousin
bist.
H S:
Das
glaube ich nicht. Dafür gibt es auch gar keinen Grund. (überlegt) Beim
Franz ist es allerdings so, dass wenn er mal bestimmte Leute gehabt hat, mit
denen es so funktioniert hat, wie er es sich vorstellt, dann war er immer sehr
treu. Zu vielen Rollen hat der Franz meistens auch schon den Schauspieler im
Kopf, der sie spielen soll und schreibt sie auch entsprechend für die- oder
denjenigen.
B K:
Du hast
„Zur Freiheit“ ja schon erwähnt. Wie oft wirst Du noch auf die Rolle des Metzger
Seppe angesprochen?
H S:
Tatsächlich hin und wieder immer noch. Es freut mich auch, dass man mich da nach
fast 40 Jahren noch jemand erkennt. (lacht)
B K:
Richtige Fans kennen auch Deinen kurzen Auftritt als Rosenheimer Polizist aus
„Irgendwie und Sowieso“. Mit dem legendären Satz: „I glab jetz hams’n g’sprengt!“
H S:
(lacht und vervollständigt den Text)
Sowas kenn i! (lacht) Manchmal werde ich auch darauf noch angesprochen.
B K:
Gibt es
eine Rolle, die Du am liebsten gespielt hast?
H S:
(überlegt)
Ich muss sagen, eigentlich alle. Mir fällt keine ein, bei der ich im Nachhinein
sagen würde, ich hätte sie nicht gern gespielt. Was ich auch gerne mag, sind
Rollen, die sehr weit von meiner eigenen Persönlichkeit entfernt sind. Das muss
nicht immer komödiantisch, sondern kann auch mal was Fieses sein.
B K:
„München 7“ war auch eine Serie, bei der Du lange dabei warst.
H S:
Ja, das
haben wir lange gedreht. Da gab es zwar große Pausen und lange Abstände
dazwischen, aber ich war auch dabei, als das Ensemble nicht mehr so groß war
wie in der ersten Staffel.
B K:
Ich
fand es legendär, wenn sich die Polizisten „Müller“, gespielt von Dir und
„Magerer“ ihre Sätze immer gegenseitig beendeten.
H S:
Richtig,
das funktioniert aber nur, wenn das Team passt. Dafür braucht der Franz dann
auch die richtigen Leute, weil der Grad, dass es zu aufgesetzt wirkt, ein
sehr dünner ist.
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Foto: ARD/Barbara Bauriedl |
B K:
Irgendwann werden solche Serien, oder auch Filme zum „Kult“, oder als solcher
Bezeichnet. Ab wann passiert sowas glaubst Du oder was macht einen „Kult“ aus?
H S:
(überlegt)
Meines Erachtens machen die Zuschauer etwas zum „Kult“. Darum hat es mir nie
gefallen, wenn die Presse geschrieben hat: „Bogner macht eine neue Kultserie!“.
Das ist Geschwätz. So etwas stellt sich später heraus und man weiß es ja vorher
nicht. Wenn ich an „Irgendwie und Sowieso“ oder auch „Wer früher stirbt ist
länger tot“ denke, dann macht für mich „Kult“ aus, dass solche Filme oder Serien
auch nach Jahrzehnten noch gemocht werden und die nächste Generation das auch
kennt. Ich hatte vor ungefähr 15 Jahren ein lustiges Erlebnis, als mein Junior
so ca. 20 Jahre alt war. Da saß er mit seinen Freunden oben im Zimmer und ich
höre, wie sie sich nicht mehr einkriegen vor Lachen. Als ich gefragt habe, ob
ich ins Zimmer darf, um zu sehen was da los ist, sehe ich wie der Fernseher
läuft und sie auf VHS alle 12 Folgen von „Irgendwie und Sowieso“ geschaut haben.
Ich bin eine Stunde dabei sitzen geblieben und war echt erstaunt, dass sie an
denselben Stellen gelacht wie alle damals. Nur das sie sogar an noch mehr
Stellen gelacht haben.
B K:
An noch
mehr Stellen?
H S:
Sie
haben Witze für sich entdeckt, an die damals noch gar keine gedacht hat.
(lacht) Zum Beispiel gibt es eine Szene in der Werkstatt von Sepp, bei dem
das Wandtelefon läutet. Du kennst die Szene sicher, wo der Sir aus Italien
anruft. Da sind sie abgebrochen vor Lachen, weil da an der Wand ein Kasten mit
Spiralkabel hängt mit dem man telefoniert. (lacht) Die Handy-Generation
schmeißt sich da natürlich weg bei dem Gedanken an einen Umkreis von zwei Metern
gebunden zu sein, weil das Kabel nicht länger ist. (lacht)
B K:
Du hast
gerade „Wer früher stirbt ist länger tot“ angesprochen. Mit Marcus H.
Rosenmüller pflegst Du auch eine freundschaftliche Beziehung. Die meisten sagen,
dass er mit diesem Film eine „neue bayrische Welle“ in der Film- und
Fernsehlandschaft angetreten hat. Siehst Du das auch so?
H S:
Das
sehe ich auch so. Ich mache das speziell daran fest, dass wir mit diesem Film in
Berlin zum deutschen Filmpreis eingeladen waren. Ebenfalls nominiert war damals
„Das Parfüm“. Bekommen haben ihn wir. Er lief auch in Nordrheinwestfalen und
Berlin mit jeweils zwei Kopien an, worauf dann NRW nochmal 60 Kopien geordert
hat. Das nenn ich mal einen durchschlagenden Erfolg für einen bayrischen Film,
der sich nicht die Mühe gegeben hat, bundesweit verstanden zu werden. Wobei man
sagen muss, dass die großen Kultserien von damals auch in ganz Deutschland
erfolgreich waren. Die Bogner- oder auch Dietl-Serien zum Beispiel sind
bundesweit gelaufen.
B K:
Erzähle
bitte, wer sich bei der Stammtischrunde zur Theaterprobe in „Wer früher stirbt
ist länger tot“, Deinen Satz „An Wuaschtsalat mit ohne Zwievin“ hat einfallen
lassen.
H S:
(lacht)
Eigentlich war der Satz von mir. Mir ist da jemand aus der Marine-Zeit
eingefallen, als ich in Hamburg war. Wir haben da irgendwas gegessen und mein
Freund bestellte damals sein Essen „mit keinem Salat“. Daran habe ich bei dem
Text im Film denken müssen. Der Charly (Schauspielkollege Heinz-Josef Braun) ist
mit eingestiegen und hat zum Rosi gemeint: „Lass erm doch `mit ohne Zwievin`sogn!“.
Klar fand er das auch gut. (grinst)
B K:
Mit
Helmut Dietl hast du nie etwas gedreht, oder?
H S:
Leider nicht, das ist nie zusammen gegangen.
B K:
Hättest
Du gern? Er ist ja bestimmt doch ein ganz anderer Typ gewesen als Franz X.
Bogner.
H S:
Klar. Vielleicht auch nicht ganz einfach, was ich so gehört habe, aber natürlich
hätte ich gerne mal mit ihm gearbeitet.
B K:
Wenn
wir gerade bei guten Regisseuren sind, wie ist das Drehen mit Marcus H.
Rosenmüller?
H S:
Mit
dem Rosi ist das wunderbar. Bei uns gibt es aber auch einfach gleiche Wellen,
was den Humor betrifft. Deswegen verstehen wir uns auch gut. Da können Szenen
auch in einer Besprechung noch mal gut diskutiert und später so gespielt werden,
auch wenn es im Drehbuch anders stand. Mit dem Rosi hatte ich auch zu Beginn
seiner Karriere ein wunderbares Erlebnis: Irgendwann klingelt bei mir Daheim das
Telefon und ein nervöser junger Mann war dran. Er wüsste nicht, ob er mich
einfach so anrufen darf, aber er studiert an der HFF und macht einen Übungsfilm
und es wäre toll, wenn ich mitspielen würde. Er hätte das Buch selber
geschrieben. Er war am Telefon schon sehr sympathisch und da meinte ich: „Weißt
wos, jetzt hockst dich ins Auto nei und dann kummst. Dann red ma des aus.“ Er
kam dann und wir saßen bis morgens in der Früh mit ein paar Weißbier zusammen.
Danach war klar, dass ich das mache, denn da gab es sofort zwischen uns ein
gutes Verständnis. Dieser Übungsfilm hieß übrigens „Nur Schreiner machen Frauen
glücklich“. (lacht) Das war ein Singfilm, bei denen er die Lieder zum
Teil selber geschrieben hat und der auch erfolgreich lief. Im Grunde ging es da
um Weißbier und Frauen. (lacht) Das war die erste Arbeit von mir und
Rosenmüller. Als nächstes kam „Wer früher stirbt ist länger tot“.
B K:
Ich
habe dich schon bei einigen Abschluss-Filmen der HFF gesehen. Unterstützt man
das gern als Schauspieler?
H S:
Das
ist im Grunde unsere Art und Möglichkeit der Nachwuchsförderung. Studentenfilme
habe ich immer gerne gemacht, aber das Buch muss mir natürlich schon gefallen.
Wenn das passt und ich irgendwie Zeit hab, dann mach ich es.
B K:
Gab es
mal eine Rolle, bei der Du Hochdeutsch sprechen musstest?
H S:
(überlegt)
Sagen wir mal so: Bundesweit verständlich. (grinst) Aber akzentfreies
Hochdeutsch bring ich glaub ich nicht zamm. (lacht) Bei „Sturm der Liebe“
hatte ich jetzt kürzlich eine wirklich schöne Rolle. Da spielte ich einen
Winkeladvokaten, der immer Weibergeschichten am Laufen hat. (lacht) Da
war richtig tiefes Bayrisch natürlich auch nicht gefragt.
B K:
Du
warst selten der Hauptdarsteller bei Deinen bisherigen Film- oder Serienrollen.
Hättest Du gerne mehr davon gehabt?
H S:
Es
ist nicht so, dass ich nie Hauptrollen gespielt habe. Zum Beispiel bei den
Filmen „Zeit der Fische“ oder „Der Judas von Tirol“. Aber es waren wenige, das
stimmt. Aber mei, das ist halt so. Wenn man die Schauspielerei hauptberuflich
macht, muss man auch davon leben und kann nicht darauf warten immer die
Hauptrolle zu bekommen. (lacht) Das geht schlicht und ergreifend nicht.
In "Der Judas von
Tirol". Foto: BR
B K:
Du
warst auch bei Jospeh Vilsmaiers ersten Film mit dabei.
H S:
Bei
dem allerersten, den er eigenverantwortlich gemacht hat. „Herbstmilch“. Das war
eine interessante Geschichte. Er kam damals in die Garderobe der Iberl Bühne und
sagte „Hansi, di brauch i!“. (lacht) Ich habe ihn damals noch gar nicht
gekannt. Wir sind dann ein bisschen ins Ratschen gekommen und er erzählte mir,
dass er mich „Zur Freiheit“ gesehen hat. „I mach an Kinofilm und da gibt’s an
Metzgermoaster. Des bist du, den muast du spuin!“ (lacht) Dann hat er mir
die Geschichte der Anna Wimschneider, um der es in „Herbstmilch“ geht, erzählt.
Ich war skeptisch, ob das wirklich ein Publikum finden würde und war ein
bisschen am Zweifeln. Peter Steinbach hat damals das Drehbuch geschrieben und
die Rolle des Metzgers gab es dann nicht mehr, weil das in der Geschichte ein
zweiter Strang gewesen wäre, der komplett gestrichen wurde. Er fragte mich dann,
ob ich nicht trotzdem eine kleinere Rolle spielen möchte. So wurde es dann die
Rolle des Soldaten auf dem Bauernhof in Rottal. Danach kam, was keiner für
möglich gehalten hatte: „Herbstmilch“ wurde ein großer Kinoerfolg. Man darf
nicht vergessen, dass Vilsmaier für seinen ersten Film sprichwörtlich den
letzten Silberlöffel versetzt hat, damit er ihn produzieren konnte. Bei seinem
zweiten Film „Rama dama“ hatte ich dann eine etwas größere Rolle. Danach habe
ich länger nicht mehr bei Josephs Filmen mitgespielt, bis er mich für „Die
Geschichte vom Brandner Kaspar“ wieder besetzt hat.
B K:
Du
warst also sowohl beim Debut von Franz X. Bogner und Joseph Vilsmaier als auch
beim ersten Film von Marcus H. Rosenmüller dabei. Wenn also ein bayrischer
Regisseur erfolgreich sein möchte, dann engagiert er Dich bei seinem ersten
Film, oder?
H S:
(lacht)
So vermessen würde ich es jetzt nicht formulieren. Aber das sind halt die
Zufälle des Lebens.
B K:
Wie war
Joseph Vilsmaier als Regisseur?
H S:
Der Joseph war super.
Er war fast
noch mehr Kameramann als Regisseur und hat Bilder gemacht, die waren gewaltig.
Er hat gewusst, was er will, wie es auszusehen hat und entsprechend inszeniert.
Damals war alles sehr offen und man konnte frei von der Leber weg sagen, was
einem vielleicht nicht so gefällt. „Dann mach dir des mundgerecht!“ war z.B. so
ein Satz. (lacht) Bei allen drei Regisseuren, die wir gerade genannt
haben, war das immer wie eine Familie. Nach Drehschluss waren wir meistens noch
bei einem Bier gesessen und haben geredet. Eine wunderbare Zeit.
B K:
Ist
es dieses Zwischenmenschliche, dass auch gute Regisseure auszeichnet?
H S:
Ja, ich
finde schon, dass dies noch mal ein großer Pluspunkt bei einer Produktion
sein kann.
B K:
Gab
auch welche, mit denen Du gar nicht zurechtgekommen bist?
H S:
(überlegt)
Nein. Es gab ein paar, wo es ein bisschen, wie soll ich sagen, unnahbar war.
Aber so, dass es gar nicht funktioniert oder sogar gekracht hat, das habe
ich nicht erlebt. Oder noch nicht. (lacht) Bei mir war und ist es
auch heute immer noch so, dass das Produkt und ein gutes Ergebnis im
Vordergrund standen. Irgendwelche Eitelkeiten oder Machtverhältnisse
interessieren mich nicht.
B K:
Wie
sieht es da mit Schauspielkolleginnen oder Kollegen aus, mit denen es
vielleicht nicht einfach war?
H S:
Die gab es
schon. Aber ich kann damit gut leben, denn ich weiß ja in welchem Job ich
arbeite.
B K:
Du
hast schon mit so vielen großartigen Persönlichkeiten gedreht. Den vorher
schon kurz angesprochenen Karl Obermayr, Toni Berger, Hans Brenner…
H S:
Mit Hans Brenner würde ich sagen war ich auch befreundet. Wir lange Zeit am
Volkstheater mit einander zu tun gehabt und auch bei “Zur Freiheit” hat er
z.B. mitgespielt. Zwischen uns gab es ebenfalls eine gewisse Grundsympathie.
Der Hans war zwar Tiroler, aber die bayrische Art, speziell meine
(lacht), die hat er gerne gemocht.
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"Grenzverkehr" (2005)
"Was weg is, is weg" (2012) |
B K:
Auch
Ruth Drexel war vor „Zur Freiheit“ schon ein großer Name. Du selber warst im
Vergleich ja noch neu und jung im Geschäft. Wie war es mit solchen Namen zu
drehen?
H S:
Da war schon eine gewisse Ehrfurcht da, das muss ich schon sagen. Aber ab einem
gewissen Punkt benötigt man die Eigenschaft, dass man diese Ehrfurcht ablegt.
Schließlich muss man ja mit ihnen spielen. Das ist mir doch immer gelungen. Als
1992 bei der Iberl Bühne aufgehört habe, bin ich zur Ruth Drexel ans
Volkstheater gegangen. Dort war ich bis sie aufgehört hat. Und seit der
Christian Stückl das Volkstheater übernommen hat, bin ich auch dort beim
Brandner Kaspar mit dabei.
B K:
Da
kommen zu den 1600 Vorstellungen ja noch mal ein Vielfaches dazu.
H S:
(lacht)
Die Zahl wird da nicht mehr reichen. Allein mit dem „Brandner Kaspar“ vom
Christian Stückl haben wir schon fast 400 erreicht. Nächstes Jahr feiern wir da
das 20jährige Jubiläum.
B K:
Gab es
irgendwann mal die Überlegung nur noch Fernsehen oder nur noch Theater zu
machen?
H S:
Nein, diese Entscheidung habe ich nie getroffen. Aber mit zunehmenden Jahren und
dem wachsen der eigenen Familie sind mir die Dreharbeiten etwas lieber geworden.
Ich war ja zehn Jahre bei der Ruth Drexel am Volkstheater beschäftigt und habe
alles rauf und runter gespielt. Dafür hat sie mir in diesen Jahren jeden
einzelnen Drehtag ermöglicht, was beileibe keine Selbstverständlichkeit ist.
Jetzt spiele ich beim Christian Stückl noch bei den Brandner
Kaspar-Vorstellungen mit und das ist mit ca. 28 Vorstellungen im Jahr wunderbar.
Da bin ich nicht ganz weg vom Theater. Abgesehen davon ist es eine Ehre bei so
einem wahnsinnig erfolgreichen Stück mitspielen zu dürfen. Wer kann schon sagen,
dass er bei einer Aufführung mitspielt, bei der am Ende 10 – 12 Minuten
Schlussapplaus ist.
B K:
Hast Du
mit dem Gustl Bayrhammer auch zu tun gehabt?
H S:
Ah! (schmunzelt) Mich hat es ja früher schon irgendwie zu Film und
Fernsehen hingezogen. Gelernt habe ich aber Buchdrucker. Im Herbst oder Sommer
1976 stand meine Gesellenprüfung an und gleichzeitig wurde ein Tatort mit
Kommissar Veigl alias Gustl Bayrhammer gedreht. Regie: Lutz Büscher.
Regieassistenz: Franz X. Bogner. In meinen jungen Jahren hatte ich die Flausen
im Kopf Stuntman werden zu wollen, was ich auch hin- und wieder dem Franz
mitgeteilt habe. (lacht) Schließlich meinte er eines Tages zu mir: “Wir
drehen einen Tatort, bei dem es eine Szene mit einer Motorradfahrt inkl. Sturz
in einer 90 Grad Kurve.” Traust du dir das zu?”. Logisch. (lacht) Ein
Freund und ich sind dann schließlich da lang gebrettert und einen sauberen Sturz
hingelegt.
B K:
Ohne
Stuntman-Ausbildung?
H S:
Ohne Ausbildung, aber mit Motorradstürzen kannte ich mich aus. (lacht) Es
in der Szene, dass wir uns dann ca. 10 Sekunden nicht rühren sollten. Offenbar
hat das so echt ausgesehen, dass danach gleich alle zu uns gerannt sind und
gedacht haben es wäre wirklich was passiert. Den Berufswunsch habe ich dann
trotzdem wieder aufgegeben. (grinst) Auf dem Parklplatz gab es eine
Begegnung mit Gustl Bayrhammer wo er mir ein “Bua, servus!” oder so zugeworfen
hat. Eine Szene als Schauspieler hatte ich aber leider nie mit ihm.
B K:
Wenn
man Kollegen von Dir befragt, dann kommt bei der Frage nach bewunderten
bayerischen Schauspielern, meistens „Karl Obermayr“ als Antwort.
H S:
Geht mir auch so. Ich habe ihn, wie erwähnt, als ca. 18jähriger schon bei
„Familie Meier“ kennen gelernt und damals alles von ihm angesehen, was ich in
die Finger bekommen habe. Er war, gerade in Bayern, schon ein großes Vorbild und
hat diesen trockenen Humor, den ich so wahnsinnig mag, sehr gut getroffen.
Genauso gehört das gespielt.
B K:
Du hast
Dir sicher viel von diesen erfahrenen Schauspielern abschauen können.
H S:
Ich
würde sagen, das ist der Hauptlernpunkt. Zuschauen, abschauen, wieso macht
jemand das so oder so, wieso frägt er den Kameramann bestimmte Dinge. Das ist
gerade am Anfang interessant, wo man vielleicht noch nicht weiß, dass man bei
einer Nahaufnahme anders agieren kann als bei einer weiten Kamera-Einstellung.
Das habe ich im Laufe der Zeit immer durch Zuschauen gelernt. Ich war ja auch
bei „Irgendwie und Sowieso“ viel mehr am Set als man durch meine kleine Rolle
dort annehmen möchte. In meinem erlernten Beruf war ich du der Zeit sowieso
nicht ganz zufrieden und so war ich bei jeder Gelegenheit am Set und habe z.B.
auch oft Dinge organisiert.
B K:
Da habe
ich mir viel von Walter Sedlmayr erzählen lassen, der wohl ein Meister war,
während seines Textes mit Requisiten spielen zu können, weshalb die Blumen der
„Polizeiinspektion 1“ immer gut gegossen waren.
H S:
Da
gibt es wunderbare Erfahrungen beim Drehen. Natürlich merkt man, wenn sich
bestimmte Schauspielerinnen oder Schauspieler damit leichter tun, einen Text zu
sagen und nebenbei etwas zu verrichten. Oder mehrere Tätigkeiten bzw. vielleicht
sogar viele Tätigkeiten hintereinander mit bestimmten Texten auszuführen. Da gab
es bei „Zur Freiheit“ eine schöne Szene mit der Michaela May im Schlachthof auf
dem Speicher. Wir frühstückten in einem improvisierten Himmelbett, wo es hieß
„Da machst du dir eine Marmeladen-Semmel, beißt so rein, damit links und rechts
alles runter läuft. Dabei sagt du das und jenes. Dann nimmst du das Essigglas
und tust eine Gurke raus, während du das sagst. Dann kommt noch die Szene mit
dem halben Bart…“ (lacht) Also Orgien an Requisiten-Nummern. Mir hat das
immer ganz gut gefallen, aber der Franz konnte teilweise Leute damit zur
Verzweiflung bringen, weil es so gemacht werden sollte wie er sich das
vorstellt.
B K:
Hast Du
Dir den Bart extra für die Rolle des Metzger Seppe bei „Zur Freiheit“ wachsen
lassen?
H S:
Nein, den hatte ich vorher schon. (lacht) Was soll ich sagen, als junger
Mann gab es manchmal Dinge die wichtig sind. (grinst) Er kam ja dann weg.
Foto: BR
B K:
Der
Metzger Seppe hat ja mit relativ reduziertem Text und vielen „Woast scho“,
trotzdem viel Eindruck bei der Serie hinterlassen.
H S:
Die
Figur war einfach super gezeichnet. Das ist die Stärke von Bogner. Nicht nur bei
der Figur, aber da eben auch. Er hat bei der filmischen Erzählung einer
Geschichte immer einen wahnsinnig guten Umgang mit dem Nichtgesagten. Das macht
nicht nur Bogner aus, sondern eben Bayern an sich. Aber er ist in der Lage das
umzusetzen. Das „Woast scho“ war ein Satz, der zwar schon feststand, am Set und
auch bei Toni Berger dann aber für Lacher gesorgt hat und somit in der Serie
verfestigt hat. Dann sollte ich auch „Woast scho“ verwenden, auch wenn es nicht
mehr im Drehbuch stand.
B K:
Viele
Stimmen sagen ja in Anbetracht der älteren Kultserien: „So etwas wie früher gibt
es nicht mehr!“
H S:
Das
unterschreibe ich und kann auch sagen warum. (überlegt) Es ist
wahrscheinlich zu einfach, wenn man sagt, dass früher mehr Zeit und Geld
vorhanden war. Aber im Prinzip stimmt das aber. Man hat da einfach handwerklich
genauer gearbeitet. Wenn man sich dann vorstellt, dass man früher beim Drehen
noch die Black Boxen gehabt hat, bei denen die Filme gewechselt werden mussten.
Man hatte noch Zelluloid statt der digitalen Möglichkeiten, das heißt das
Material war also noch kostspieliger. Und trotzdem hat man sich die Zeit
genommen und Dinge wiederholt, bis es gepasst hat.
B K:
Womit
hat es dann zu tun?
H S:
Genau kann ich es nicht sagen und weiß es auch nicht. Möglicherweise mit einer
schnelllebigen Zeit, mit viel mehr Programmen und möglicherweise mit einer
amerikanisierten Zuschauergewohnheit. Ich weiß es nicht. „Zur Freiheit“ war die
letzte Serie, die gelaufen ist, bevor das Privatfernsehen kam. Gesendet wurde
sie am Freitag im Vorabendprogramm, ich glaube um 19:30 Uhr oder so. Damals sind
die Leute vom Wirtshaus Nachhause gegangen, haben eine halbe Stunde die Serie
angeschaut und sind wieder zum Wirt gegangen. Zwei oder drei Jahre später war
sowas nicht mehr vorstellbar.
B K:
Sag
mal, mit dem Sepp Schauer verbindet Dich ja auch eine langjährige Freundschaft,
oder?
H S:
Ja,
das ist einer der längsten Kollegen und der engsten Freunde aus der Branche.
Daran ist auch wieder Franz X. Bogner schuld. Er hat damals bei einer Episode
der Reihe „Geschichten aus der Heimat“ Regie geführt. (Episode: „In Gottes
Namen“; 1985) Dort gab es eine Schafkopfrunde, bei der z.B. auch Willy Harlander
dabei war und eben Sepp Schauer und ich. Ruth Drexel spielte die Wirtin. Da
haben der Sepp und ich uns kennen gelernt. (überlegt und lacht) Ich muss
erzählen, wie er war, als wir uns begegneten. Sepp ist eine Harley gefahren,
hatte an jeder Hand Ringe, hinter der sich jeder Kardinal verstecken hätte
können und Goldketten, wo jeder andere Mensch wahrscheinlich einen
Bandscheibenvorfall bekommen hätte. (lacht) Natürlich habe ich damals
zuerst gedacht „Wos isn des für oana?“ (grinst) Als ich dann 1986 zur
Iberl Bühne kam, war dort der Sepp schon. Da haben wir uns dann richtig
befreundet und gegenseitige Sympathie entwickelt, auch wenn wir als Menschen
unterschiedlich sind.
mit Sepp Schauer
und Markus Krojer bei "Wer früher stirbt ist länger tot"
B K:
Dann
wissen wir jetzt, wie die Rolle als Zuhälter bei „Irgendwie und Sowieso“
zustande kam.
H S:
Genau. (lacht) Bevor Sepp seine Rolle bei „Sturm der Liebe“ bekommen hat,
war er in der Fernsehwelt nicht unbedingt der Sympathieträger, weil er meistens
die schrägen Typen, Verbrecher oder eben Zuhälter gespielt hat. (lacht)
Seit „Sturm der Liebe“ vermisse ich diese Seite an ihm, weil ich der Meinung
bin, dass er sie auch wahnsinnig gut beherrscht.
B K:
Jetzt
haben wir viele große Namen erwähnt und auch von Deinen jungen Jahren
gesprochen. Mittlerweile gehörst Du selber zum alten Schlag.
H S:
(lacht)
So ist es.
B K:
Genauso
wie man oft hört „Solche Serien gibt’s nicht mehr!“, liest man auch „Solche
Schauspieler gibt’s nicht mehr!“. Siehst Du nicht, dass gute bayerische
Schauspieler nachkommen?
H S:
Das
kommt darauf an wie man das sieht. Ich kann nur sagen, dass es am Nachwuchs
bayerischer Schauspieler nicht scheitern würde. Es scheitert eher an dem, dass
weniger Gutes gemacht wird. Da muss ich nur mal die Besetzung des „Brandner
Kaspar“ vom Volkstheater aufzählen: Maxi Brückner, Stefan Murr, Markus Brandl,
Flocki Brückner… Top Leute! Die können das absolut. Aber man muss ihnen halt
gute bayerische Rollen und Serien schreiben. Man sieht das bei „Neue Geschichten
vom Pumuckl“. Das kommt sehr gut an und sie haben genau die richtigen Leute
dafür genommen. In meine Augen gab es dafür niemand besseres als Marcus H.
Rosenmüller und der Florian Brückner spielt den Eder hervorragend. Damit
funktioniert dann auch so eine Fortsetzung.
B K:
Hans,
unabhängig ob Du mitgespielt hast oder nicht, gibt es für Dich eine bayerische
Lieblingsserie
H S:
Es
gibt ein paar. Pauschal zusammenfassen kann ich das wirklich mit allen Dietl und
Bogner Serien.
B K:
Ich
brauch eine, die Du auf Nummer eins setzen würdest.
H S:
(überlegt)
Dann wäre das „Irgendwie und Sowieso“. Mir fällt aber unbedingt auch noch die
„Löwengrube“ als eine der Top-Serien ein.
B K:
Hans,
vielen Dank für das Gespräch!
H S:
Samma scho fertig? I sog danke.
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