Bayerische Kultserien:
Wie sind Sie Drehbuchautor und Regisseur
geworden?
Rüdiger Nüchtern:
Schon in der Schule
hatte ich früh den Druck mich visuell zu äußern
und Geschichten und Texte zu fabulieren. In
meiner eigenen Dunkelkammer habe ich Collagen und Fotos gemacht, außerdem habe
ich Gedichte und stories geschrieben und unsere Abi-Zeitung quasi alleine
herausgebracht. Erst wollte ich wie mein Cousin Architekt werden, aber
irgendwie fehlte es mir da an Inhalten. Ich wollte einfach was visuell machen
und auch mich sprachlich ausdrücken. Da dachte ich "Eigentlich könnte das Film
sein", obwohl ich damals noch keinerlei Kontakte zu der Branche hatte. Ich hab
mich dann an der Filmhochschule beworben und tatsächlich die Aufnahmeprüfung
geschafft.
B K:
Musik spielte in Ihren ersten Filmen
eigentlich auch immer eine große Rolle...
R N:
Zu der Zeit war Musik dann auch zuerst
einfach wichtiger für mich. Als ich damals in London war, habe ich den
Lightshow-Mann von Jefferson Airplane kennen gelernt, der als achter Mann fester
Bestandteil der Band war. Der hatte 35 Projektoren, die jeweils mit einem
Lichtkarussell ausgestattet waren. Diese waren mit dem Keyboard verbunden und so
hat er quasi die einzelnen Lichtbilder zu den Songs "spielen" können. Ich fand
das so verrückt, dass mich das irgendwie angespornt hat auch in dieser Richtung
etwas zu machen. Danach habe ich dann einige Musikfilme mit der Gruppe "Amon
Düül" gemacht.
B K:
Spielen Sie selber auch ein Instrument?
R N:
Nein, aber ich habe mich immer schon für
Musik interessiert und viele Musiker in meinem Bekanntenkreis gehabt. Der
Michael Hofmann de Boer von der
Band "Sahara" ist z.B. auch durch mich zur Filmhochschule gekommen. Klavier hab
ich zwar gespielt, aber für mehr hat es nicht gereicht. (lacht)
B K:
Schauspieler wollten Sie auch nie werden?
R N:
Nein, da bin ich total unbegabt. Ich bin
zwar mal eingesprungen, wenn jemand ausgefallen ist und hab einen Polizisten
oder so gespielt, aber meistens hab ich mich dann auch rausgeschnitten, weil ich
mich selber unmöglich fand. (lacht)
B K:
Jugendliche mit ihren sozialen
Hintergründen und Problemen waren oft Bestandteil Ihrer Filme. Warum?
R N:
(überlegt)
Naja, die ersten Sachen, die ich gemacht hab, waren ja eigentlich auch
Kinderfilme. Da waren auch Filme für „Die Rappelkiste“ dabei. Mitarbeiter bei
dem Jugendmagazin „Szene“ vom Bayerischen Rundfunk war ich ja auch. Damals
wurden immer Beiträge aus Dokumentationen, Filmchen und Musikbeiträge zusammen
auf 45 Minuten zu diversen Themen zusammengeschnitten, was immer ein ziemliches
Chaos ergeben hat, da niemand wusste wie lang die Filme des anderen waren und
keiner seine Beiträge kürzen lassen wollte. Irgendwann war das dem
Verantwortlichen zu dumm und es wurde entschieden, dass aus jedem Bereich, also
Film, Musik und Doku, genau 15 Minuten angefertigt werden sollten, damit man das
nachher einfach nur zusammenhängen musste. Ich habe mir dann überlegt aus diesen
15-Minuten Beiträgen aus dem Bereich Film eine Serie zu machen, einer
Liebesgeschichte zwischen einer Gymnasiastin und einem Lehrling. Als ich es
geschrieben habe, hatte ich es natürlich schon so geplant, dass man die 8x15
Minuten aneinanderhängen konnte und so hatte ich am Ende einen 2-Stunden-Film.
Dieser lief dann mit dem Titel „Anschi und Michael“ nur zufällig auf einem
Festival, weil ein anderer Film ausgefallen ist. Ein Journalist hat am Tag
darauf in seiner Zeitung geschrieben, dass „ausgerechnet der Beitrag, der nicht
im offiziellen Programm ausgeführt war, der erfolgreichste war!“. (grinst)
Darauf meldete sich ein Verleih und wollte den Film haben. Ich hab ihm
damals dem BR symbolisch für eine Mark die Rechte abgekauft und so kam er ins
Kino.
B K:
Das hört sich so an, als wäre auch der BR
damals etwas offener gewesen, was die Realisierung solcher Projekte angeht…
R N:
Eigentlich schon, ja. Da war einfach ein
gewisses Vertrauen vorhanden. Mittlerweile wird man dermaßen kontrolliert
und es wollen so viele mitreden, dass auch Entscheidungen hinter deinem
Rücken getroffen werden, bei denen du nicht informiert wirst, obwohl du
eigentlich die künstlerische Verantwortung haben solltest. Die ist
heutzutage einfach nicht mehr gegeben. Leider haben alle neuen
Filmhochschüler das ganze schon verinnerlicht und trauen sich gar nicht mehr
eine eigene Meinung zu haben. Da hatten wir früher goldene Zeiten. |
Rüdiger Nüchtern (mitte) mit "Anschi und
Michael" (Gabi Rubner und Michael Bentele) |
B K:
Haben Sie von Ihren Geschichten bzw.
Drehbüchern auch manches selbst erlebt?
R N:
(überlegt)
Eher weniger. Es fließt zwar immer ein bisschen was mit ein, aber ich habe ja
keine Geschichten über mich gemacht, sondern immer viel recherchiert und mich
mit Leuten getroffen, die so waren, wie ich mir das in meiner Geschichte
vorgestellt habe. Ich kann mich so eigentlich immer ganz gut reinarbeiten und
besser reinversetzen. Das geht sogar so weit, dass ich eine Sprache bestimmter
Leute annehmen kann. Es war mir immer ein Anliegen etwas über andere zu machen
und nicht über mich.
B K:
Leider sind ja viele Filme von Ihnen nicht
auf DVD erhältlich…
R N:
Ja, das stimmt. „Nacht der Wölfe“ z.B. gab
es mal auf VHS, wurde aber nie als DVD herausgebracht. Da müsste ich mich mal
darum kümmern. Bei „Die Schluchtenflitzer“ war es ja so, dass der BR an mich
herangetreten ist und mir mitgeteilt hat, dass es da eine große Nachfrage gibt.
Seit ein paar Jahren habe ich den jetzt auf DVD herausgebracht und der läuft
sehr gut. Den vertreibe ich selber. (siehe Homepage weiter oben!)
B K:
„Schluchtenflitzer“ hat ja wirklich sehr
viele Fans. Warum glauben Sie ist der immer noch so beliebt?
R N:
Als ich den Film damals gemacht habe, war
mir das nicht so klar, aber im Nachhinein habe ich viel Kontakt mit Leuten, die
„Schluchtenflitzer“-Partys und Treffen veranstalten. Es war einfach so, dass die
Zeit zwischen 16 und 18 Jahren, wo man noch keinen Autoführerschein hatte und
nur Moped fahren durfte, für die Landjugend eine prägende Zeit war. Die lebten
etwas isoliert auf irgendwelchen Höfen und Dörfern und mit dem Mofa kam bei
denen eine Art Freiheit auf und wurden selbstständiger. Jeder Jugendliche, der
auf dem Land gelebt hat, kennt diese Zeit. Man musste nicht mehr von den Eltern
gefahren werden und konnte sich die ersten Freundinnen suchen. Wenn man sich den
Film ansieht, dann ist das eine Erinnerung daran. Das war bevor die
Führerscheinklassen geändert wurden und das Internet Einzug bei den Jugendlichen
gehalten hat. Für viele eben die schönste Zeit in ihrem Leben.
B K:
Die Firma KREIDLER hat durch den Film ja
auch gute Werbung bekommen…
R N:
(lacht)
Ja, aber das war Zufall. Das Moped gehörte dem Hauptdarsteller ja selber.
Genauso wie der Hof und der Hund. Das war ja sehr authentisch in dem Film. Ich
habe eigentlich gar nicht gewusst was KREIDLER ist. (grinst) Ich weiß gar
nicht ob es die zu dieser Zeit noch als Hersteller gegeben hat. Die Idee mit dem
Gas- bzw. Kupplungsseil kam aber von mir.
B K:
Vom Hauptdarsteller Hans Kollmansberger
hat man danach eigentlich nichts mehr gehört. Haben Sie zu ihm noch Kontakt?
R N:
Doch, ein paar Sachen hat er schon noch
gemacht und ich hab auch noch Kontakt zu ihm. Ich habe mit dem Hans dann auch
noch einen Kinderfilm gemacht, aber an so einer Karriere hatte er auch gar kein
Interesse. Er ist später nach Australien gegangen und hat einen großen
Autoersatzteile-Handel aufgezogen. Er kam aber wieder zurück und ist jetzt einer
der größten Solarhersteller in Europa. Wir haben mal in dem Ort, wo wir gedreht
hatten, eine „Schluchtenflitzer“-Veranstaltung gemacht. Ich hatte mich dann bei
ihm angemeldet, dass wir auch zu seinem Hof kommen, weil die Fans ja ganz wild
drauf waren ihn zu sehen, aber das ganze hat ihn eigentlich ziemlich
gelangweilt.
|
B K:
Mit Ruth Drexel, Hans Brenner und Eva
Matthes haben da ja auch professionelle Schauspieler mitgewirkt. Wie hat das
zusammen mit den Laiendarstellern geklappt?
R N:
Ich dachte mir eigentlich, dass das eine
ganz gute Mischung wäre. Sie hatten zusammen ja auch wahnsinnigen Spaß und
waren sehr unkompliziert. Zu Beginn, gab es ja z.B. die Kleidung der
Kostümabteilung vom BR, die alle frisch gebügelt und sauber war. Wie bei
anderen Schauspielern auch, waren Kostüme für Ruth Drexel und Hans Brenner
wichtig, um gut in die jeweilige Rolle schlüpfen zu können. Die beiden
konnten also mit diesen Klamotten überhaupt nichts anfangen und sind zu den
Nachbarn, um zu fragen ober dieser ihnen abgetragene Kleidung aus dem
Schrank gibt. (lacht) Diese haben sie dann für ihre Rollen genommen
und ihm die Kleidung des BR dafür gegeben. Auch beim Mittagessen in der
Wirtschaft des Dorfes sind die beiden eigentlich gar nicht aufgefallen, weil
sie sich sehr gut als Bauernpaar einfügten. Die beiden waren ja auch im
richtigen Leben ein Paar. Auf der einen Seite also die erfahrenen
Schauspielprofis, die das Natürliche gesucht haben und auf der anderen
Seite junge Laiendarsteller, bei denen ich es so geschafft habe, dass sie
sich öffnen konnten und lockerer wurden. Das hat gut gepasst. |
B K:
Auch der Film „Nacht der Wölfe“ kam sehr
gut an. Hätten Sie gedacht, dass die Thematik heut immer noch so aktuell sein
würde?
R N:
Damals hat mir ja keiner geglaubt, dass es
dieses Thema überhaupt gibt. Ich hab damals schon in Haidhausen gewohnt und war
ein bisschen vertraut mit der Szene. Da hab ich schon gemerkt, dass es bestimmte
Cliquen gibt, die Ausländer hassen und dass da Spannungen existieren. Genauso
wie sich früher auch schon ausländische Jugendliche zusammengetan haben um sich
zu schützen. Das war der Ausgangspunkt für diesen Film. Ich hab mich dann immer
wieder mit Leuten aus diesen „Gangs“ im Hasenbergl und Neuperlach getroffen und
viele Geschichten erzählt bekommen. Schließlich hab ich dann zusammen mit meinem
Co-Autor die Idee zu einer Art Romeo & Julia- bzw. West Side Story gehabt.
B K:
In Ihrem Film „Bolero“ hat ja auch Thomas
Gottschalk mitgespielt, damals noch nicht ganz so bekannt wie heute. Wie war die
Arbeit mit ihm?
R N:
Ach, der war ganz normal.
B K:
Hätten Sie ihm eine große
Schauspielkarriere zugetraut?
R N:
Er war halt ein bestimmter Typ. Genauso
wie der Wolfgang Fierek, der eigentlich kein richtiger Schauspieler war, sondern
immer Rollen gespielt hat, die seiner Art entsprachen. Aber insgesamt war das
auch nicht die Richtung, in die der Thomas Gottschalk gehen wollte. Der wollte
was anderes machen und hat sich das damit sicherlich auch verdient. (lacht)
B K:
Wenn wir schon bei Wolfgang Fierek
sind…Ihre Serie „Der Schwammerlkönig“ hatte ja auch bombastische
Einschaltquoten…
R N:
Ich glaube das waren sogar die höchsten
Quoten, die sie bis dahin jemals gehabt haben. Eine Folge lag mal bei 41,3%.
(Zeigt ein altes Foto von den Dreharbeiten) Für die Rolle hab ich dem Otti
ja einen Bäckersanzug maßschneidern lassen. Von der sechsteiligen Serie hatte
ich aber erst vier Folgen geschrieben, so dass wir ein halbes Jahr Pause hatten,
bevor wir die anderen beiden Teile gedreht haben. Der Overall hat ihm danach
natürlich nicht mehr gepasst. (lacht) Ein neuer Anzug kam für mich nicht
in Frage und ich hab ihn drei Wochen vor Drehbeginn eine Diät verordnet, mit der
Begründung „wir haben kein Geld für einen neuen Overall!“. (lacht)
Bayerische Starbesetzung beim "Schwammerlkönig":
von oben links: Ottfried Fischer, Saskia Vester, Regisseur Rüdiger Nüchtern,
Wolfgang Fierek, Walter Sedlmayr; unten links: Michael Fitz, Catharina
Raacke, Enzi Fuchs |
B K:
Welche Erfahrungen hatten Sie denn mit
Walter Sedlmayr bei den Dreharbeiten zu dieser Serie?
R N:
Ich bin gut mit ihm ausgekommen. Er hatte
zwar schon mal Phasen, bei dem er seinen Frust raus lassen musste.
Aber das war
nur manchmal so. Uns bzw. mir gegenüber hat er sich immer gut verhalten und auch
gute Ideen eingebracht. Er war halt wahnsinnig professionell und hatte eine
ausgesprochene Präzision. Der wusste genau wann er in einer Einstellung zu sehen
war und sich bewegen musste. Wenn wir einen Dialog öfter wiederholen mussten,
dann konnte er immer wieder an der gleichen Stelle dasselbe machen. Das können
heute auch nicht mehr alle.
B K:
„Der Schwammerlkönig“ war eigentlich auch
der Durchbruch für Wolfgang Fierek was das Fernsehen angeht, oder?
R N:
Er hat ja vorher schon Erfolg mit den
Filmen von Klaus Lemke (u.a. „Arabische Nächte“), aber ich wollte ihn ein
bisschen anders darstellen, weil er mir da ein wenig zu tollpatschig rüberkam.
Bei mir sollte er einen pfiffiges Schlitzohr darstellen. Er hat ja auch einen
ganz eigenen Sprachgestus, für den ich dann versucht habe spezielle Dialoge zu
schreiben. Da sind auch tolle Sprüche entstanden. Meiner Meinung nach, hätte er
so was in der Art danach öfter spielen sollen. Auch bei der Musik, die er noch
gemacht hat, hätte ich mir ein bisschen mehr Ironie und Raffinesse gewünscht,
anstatt typischer Schlagertexte. Für den Titelsong der Serie „Mit Frauen hab ich
immer Probleme“ habe ja auch ich den Text geschrieben.
B K:
Wie hatten Sie die Idee zu der Serie?
R N:
Das lief
eigentlich anders. Nach meinen Filmen „Die Schluchtenflitzer“ und „Nacht der
Wölfe“ bin ich zu einem zuständigen Redakteur beim BR gegangen und habe einfach
gefragt ob wir nicht irgendwas zusammen machen könnten. Der hat mich dann
gefragt „Fällt Ihnen zum Wolfgang Fierek etwas ein?“. Zufälligerweise hatte ein
Freund von mir damals den Champignon-Betrieb von seinem Vater übernehmen müssen,
weil dieser gestorben ist. Das faszinierende daran war, dass die Zucht unter dem
damaligen Flughafen Riem in den alten Katakomben angelegt war. Irgendwie hat mir
diese Idee gefallen. Als Figur wollte ich dabei nicht nur einen sympathischen
Verlierer erschaffen, der nichts auf die Reihe kriegt, sondern jemand, der Glück
hat und dem unverschuldet einfach alles zufällt. Übrigens die Champignons meines
Freundes gibt es übrigens immer noch und tatsächlich stammt die Geschichte, also
die Idee nicht nur Schwammerl nach Italien zu fahren, sondern auch Delikatessen
von dort zu vertreiben, auch von ihm.
B K:
Das war also dann der „wahre“
Schwammerlkönig. Ein Karrieresprung war die Serie aber auch für Michael Fitz…
R N:
…dem ich vorher
die Haare blondiert hab. (grinst) Er war halt neben dem Wolfgang Fierek
eine Figur die immer gut drauf ist, seinem Freund dauern helfen muss und auf
dessen Kosten der Hauptdarsteller gut leben konnte. Wie man auf dem Foto sieht
(hält ein weiteres Gruppenfoto von den Dreharbeiten hoch), haben sich die
Darsteller auch untereinander sehr gut verstanden. Wir haben da auch manchmal
richtig rumgeblödelt.
B K:
Ebenfalls von Ihnen war
die 13-teilige Fernsehreihe „Joseph
Filser - Bilder aus dem Leben eines Bayerischen Abgeordneten“. Aber leider
wird auch diese Serie kaum oder gar nicht wiederholt…
R N:
Wirklich? Also
die Rechte liegen natürlich beim BR, aber zusammen mit dem Kino IM EINSTEIN
sollte im Oktober mal so eine Art „Film-Nacht“ veranstaltet werden, wo alle 13
Folgen gespielt werden sollen. Da habe ich schon zwei Mal eine Anfrage gestellt,
aber leider noch keine Antwort bekommen.
B K:
Von der Serie „Wildbach“ stammen die
ersten 13 Folgen auch von Ihnen. Stimmt es, dass Sie sich auch den Titel
ausgedacht haben?
R N:
Ja, das stimmt.
Wir haben damals über viele mögliche Titel diskutiert, aber ich wollte nicht,
dass sie einen Namen wie „Bergrettung“ oder ähnliches bekommt. Auf jeden Fall
sollte der Ortsname so lauten und mit „Wildbach“ wollte ich eine Art Markennamen
erschaffen.
B K:
Wieso haben Sie nicht noch mehr Folgen
gemacht? Die Serie ging ja danach noch weiter.
R N:
(grübelt ein
wenig)
Naja…also… irgendwie hatte ich da kein ganz so gutes Verhältnis mit dem
Produzenten. (lacht) Ich glaube ich war denen auch zu schwierig, weil ich
mich da wie wahnsinnig für eine hohe Qualität eingesetzt habe, die Produktion
aber eben auch Geld sparen wollte. Allerdings muss ich auch sagen, dass ich sehr
dafür gekämpft habe, dass die Serie eine Verlängerung, sprich eine zweite
Staffel kriegt. Auch wenn ich die dann nicht mehr gedreht hab. Das war bei der
Serie „Gegen den Wind“, bei der ich auch den Piloten gedreht habe, genauso. Ohne
mich wäre da nicht weitergemacht worden. Das waren beides Serien mit einer hohen
Qualität…zumindest am Anfang. (grinst)
B K:
„Der Schwammerlkönig“ wird dieses Jahr 25
Jahre alt und „Wildbach“ wurde vor 20 Jahren das erste Mal ausgestrahlt. Gibt es
eine bayerische Serie von heute, die Ihnen persönlich auch gut gefällt?
R N:
(überlegt) Ich
muss gestehen, dass ich nicht alles schaue und auch der Humor der Serien von
Franz X. Bogner nicht so der meine ist. Richtig lustig finde ich aber „Hubert &
Staller“.
B K:
Würden Sie selber nicht gern mal wieder
eine bayerische Serie machen?
R N:
Ach nein, das
sollen jetzt Jüngere machen. Inzwischen sind die Bedingungen auch ganz anders
geworden. Ich habe ja auch sehr viele Krimiserien gemacht und beim „Fahnder“
z.B. hatten wir zu Beginn 12 und später nur
noch neun
Tage Zeit. Die Qualität sollte aber immer gleich sein. So ist das immer mehr zum
Kampf gegen die Logistik geworden und die Kreativität blieb auf der Strecke. Das
lockere Arbeiten von früher ist gar nicht mehr möglich. Da bin ich zu versessen
auf Qualität und das macht mir so keinen Spaß mehr. Man braucht Luft für Ideen
und kann nicht nur auf die Uhr schauen beim Drehen.
B K:
Also gibt es keine neuen Projekte von
Ihnen?
R N:
Doch, ich mache
einige andere Dinge. Für eine Münchner Hauptschule, die einen sehr starken
Migrationshintergrund hat, habe ich mal ehrenamtlich ein Filmprojekt gemacht.
Da wurde eine Filmklasse gegründet, wo wir dann gemeinsam ein dreiviertel Jahr
lang gedreht haben. Für dieses Projekt habe ich auch eine junge Türkin mit
hinzugezogen, die ich schon aus diversen Schauspielkursen kannte. Als ich ihre
Geschichte Erfahren habe, nämlich dass sie Anfang der 80er Jahre von Zuhause
abgehauen war und einige Jahre auf der Straße gelebt hat, habe ich die Idee zu
einem Film gehabt, der eine Mischung aus Fiktion und Geschichte ist. Im Moment
ist das noch ein Roman, bei dem wir gerade 150 Seiten geschrieben haben. Das ist
eigentlich mein nächstes Projekt.
B K:
Das Thema „Migration“ liegt Ihnen schon
sehr am Herzen oder?
R N:
Ja schon. Ich
habe dazu auch schon einige Drehbücher geschrieben, die aber leider nicht
verwirklicht werden konnten. Ich bin auch noch mit dem „Ali“ aus dem Film „Nacht
der Wölfe“ gut befreundet und habe auch in meinem Bekanntenkreis viele Türken.
Ich mag diese Leute sehr gern.
Aber ich engagiere
mich auch für andere Dinge, z.B. bin ich auch Vorsitzender bei Junior Slow von
Slow Food München (http://slowfood-muenchen.de), die sich für Qualitätsessen und
gute Nahrungsmittel einsetzen.
B K:
Gibt es neben „Hubert &Staller“ noch eine
andere bayerische Lieblingsserie von Ihnen?
R N:
Wie gesagt,
schaue ich eigentlich nicht mehr so viel. „Kir Royal“ ist super und eigentlich
alle früheren Sachen vom Dietl. Ich steh halt mehr auf die schrägen Geschichten.
(lacht) Ich hatte auch mal eine Geschichte für den „Bullen von Tölz“
geschrieben, die sie aber nicht genommen haben. Die war denen auch zu schräg.
(grinst)
B K:
Herr Nüchtern ich bedanke mich für das
Gespräch und vielleicht gibt es ja doch die ein oder andere lustige Geschichte
von Ihnen als Serie.
R N:
Ich danke auch. |