Interview mit Matthias Kiefersauer
(Aichach – Cineplex 11.11.2012)
http://www.movienetfilm.de/frauen/trailer.php
Obwohl der
Regisseur ("Franzi", "Baching") und Familienvater Matthias Kiefersauer
gerade mitten in neuen Dreharbeiten steckt, konnte er einige Termine für
eine Kinotour zu "Was machen Frauen morgens um halb Vier" möglich machen.
Dem Publikum in Aichach erzählt der geborene Wolfratshausener, dass man
überrascht war von dem Erfolg des Films beim Filmfest in München und man
sich deshalb entschieden habe, ihn statt als Fernsehfilm bei der ARD, nun
auf der großen Kinoleinwand zu zeigen. Lustige Anekdoten von den
Dreharbeiten, Hintergründe zu redaktionellen Umsetzungen und dass sogar der
Playboy aufgrund des ungewöhnlichen Filmtitels hellhörig wurde, erfuhr das Publikum ebenso. Besonders kritisch
dürften an dem Abend einige Vertreter der Bäckerszunft aus Aichach
zugeschaut haben, die aber nach der Vorstellung voll des Lobes waren… |
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Bayerische
Kultserien:
Herr
Kiefersauer, wie zufrieden sind Sie denn bisher mit den Reaktionen auf Ihren
Film?
Matthias
Kiefersauer:
Ehrlich gesagt
bin ich total überrascht, dass er so gut ankommt. Begonnen hat das ja schon beim
Filmfest in München. Die Arbeit, die in so einem Film drinsteckt, überschattet
manchmal den Blick auf das ganze Produkt. Gerade bei Komödien gibt es das
Problem, dass man seine eigenen Erzählungen und Pointen hundertmal im
Schneideraum gesehen hat und dann das Vertrauen verliert, ob das beim Publikum
funktioniert oder nicht. Als ich dann im Arri-Kino bei der Premiere gesessen
bin, war ich völlig überrascht, dass bei meinem Erscheinen auf der Bühne großer
Applaus ausgebrochen ist. Natürlich darf man sich da jetzt nichts vormachen, das
Publikum war relativ befangen, weil auch viele Freunde von mir da waren, aber
trotzdem war und bin ich auch jetzt überrascht wie gut der Film ankommt. Ich
freu mich über jeden Lacher und jeden Applaus. Es ist auch schön, wenn danach
Leute auf mich zukommen und sagen „Wir kommen auch von diesem Handwerk und der
Film spricht uns absolut an!“. Ich fühle mich dann auch so ein bisschen in
meiner erzählten Welt bestätigt.
Kiefersauer im Gespräch mit Leuten vom Fach |
B K:
Ich
finde es ja schon interessant, dass dieser Film als Fernsehfilm gedacht war. Kam
er deshalb auch erst im November ins Kino, obwohl er ja schon Anfang des Jahres
fertig war?
M K:
Er lief ja
auch beim Filmfest in München noch in der Kategorie „Fernsehfilm“. Über Umwege
fand er dann erst den Weg ins Kino. Mit der Thematik, der Film spielt ja so ca.
2-3 Wochen vor dem ersten Advent, macht er natürlich jetzt auch mehr Sinn. Es
ist ein Novemberfilm, deswegen ist der Zeitpunkt in jetzt ins Kino zu bringen
recht logisch.
B K:
Er lief
logischerweise dann vorher nicht in der ARD…
M K:
Nein,
vertraglich ist das dann so gelöst, dass die ARD und der BR, die ihn beide
mitfinanziert haben, gesagt haben „wir stellen unsere Ausstrahlung um ein oder
zwei Jahre zurück, dafür dass dieser Film in die Kinos kommt.“. Was für uns
natürlich super ist. Hätten die darauf bestanden, wäre daraus kein Kinofilm
geworden. Schließlich sind das die Auftraggeber.
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B K:
Hatten
Sie denn Mitspracherecht bei der Auswahl der Schausspieler?
M K:
Ja, wobei
man sich das nicht als One-Man-Show vorstellen darf. Das funktioniert natürlich
nur im Gespräch mit den verschiedenen Redaktionen und der Produktionsfirma.
Letztlich gab es da aber keine Rolle, die mir aufs Auge gedrückt worden ist. Die
Besetzung ist wirklich die, die ich auch haben wollte. Die geht auch total
auf finde ich. Die Schwestern in dem Film nimmt man Brigitte Hobmeier und Muriel
Baumeister ab. Sie haben sich auch gut vertragen und eine große Spielfreude
miteinander gehabt.
B K:
Mit
Thomas Unger haben Sie ja jetzt schon den zweiten Film gedreht…
M K:
Sogar
schon drei! „Das große Hobeditzn“, „Baching“ und jetzt „Was machen Frauen
morgens um halb Vier?“
B K:
Haben
Sie Lieblingsschauspieler, mit denen Sie gerne zusammen arbeiten?
M K:
Naja, so
gesehen ist der Thomas schon einer meiner Lieblingsschauspieler, aber das gibt
es bei anderen bayerischen Schauspielern genauso. Ich kann da jetzt auch den
Stephan Zinner, Stephan Murr oder auch den Sebastian Bezzel nennen. Der Thomas
Unger passt halt sehr gut in so eine Rolle. Das etwas „stritzihafte“ und ein
bisschen Maulheld sein, bei dem man sich nicht ganz sicher ist. So was spielt er
großartig. Ich arbeite schon wahnsinnig gerne mit ihm zusammen. Aber es gibt
eine ganze Reihe von Schauspielern, wo ich bei passender Rolle gerne wieder eine
Zusammenarbeit hätte.
B K:
Wen ich
vor diesem Film noch nie in so einer direkten komischen Rolle gesehen habe, war
Brigitte Hobmeier. Haben Sie vorher gewusst, dass Sie da gut reinpasst?
M K:
Also erst mal ist die Brigitte eine wahnsinnig gute Schauspielerin. Es gibt
wenig, was sie nicht spielen kann. Ich glaube einer der Gründe, warum sie die
Rolle übernommen hat, war die private Verbindung zum Bäckerhandwerk (Ihre
Großeltern hatten eine Bäckerei in Niederbayern, bei der sie oft mithalf) und
andererseits wollte sie vielleicht auch mal in einer Komödie eine Hauptrolle
spielen. Beim Rosi (Marcus H. Rosenmüller) hat es ja bei „Sommer in Orange“ eine
kleine Rolle gegeben, wo sie auch komödiantisch gespielt hat. Brigitte ist auch
ein urkomischer und komödiantischer Mensch. Durch das Theater, wo es meistens
ernste Rollen gibt, besetzt man sie wohl sonst gern bei ernsteren Themen.
B K:
Stimmt
es, dass Sie über die frühere Jugendsendung „Live aus dem Alabama“ zum Fernsehen
gekommen sind?
M K:
(schmunzelt)
Ja
das stimmt schon. Ich war damals 21 und meine damalige Freundin hat mich
verlassen und immer vom Werner Schmidbauer geschwärmt. Irgendwann hieß es, der
Werner Schmidbauer ist jetzt 32 und zu alt für diese Sendung. Aus Liebeskummer
hab ich damals gesagt „So, das probier ich jetzt auch!“ und hab mich da als
Nachwuchsmoderator beworben. Ich wurde dann tatsächlich zu einem Casting
eingeladen, aber erstaunlicherweise (lacht) war ich dafür nicht geeignet.
Allerdings hab ich das Format sehr interessant gefunden. Die Redakteurinnen und
Redakteure fanden mich auch nicht uninteressant und sagten zu mir: „Also als
Moderator können wir dich nicht gebrauchen, aber wenn du willst kannst du ein
Praktikum bei uns machen.“. Das Praktikum war bei einer Produktionsfirma, die
damals die Sendung gemacht haben. Daraus wurde dann ein Volontariat und so war
ich dann beim Fernsehen. Irgendwann hat sich das dann mit der Filmhochschule
ergeben und da hab ich dann den Franz X. Bogner kennengelernt.
B K:
Wie war
denn die Begegnung mit ihm? Er war ja da schon für einige Kultserien bekannt.
M K:
Ich glaub
das war im sechsten oder achten Semester der Filmhochschule. Ich habe dort
Dokumentarfilm studiert und da gab es immer die Möglichkeit im Rahmen eines
kleinen Projekts Spielfilme zu machen. Man konnte sich dann Dozenten wünschen.
Ich bin dann zu meinen Professoren gegangen und hab gesagt: „Ich wünsche mir den
Franz X. Bogner.“, weil ich „Irgendwie und Sowieso“ sehr geschätzt habe. Ich hab
ja damals sogar in einer Band gespielt, die „Sir Qickly“ hieß, weil wir alle
Fans dieser Serie waren. Das hat dann tatsächlich funktioniert, weil er auch
Lust hatte mal mit Studenten zu arbeiten. Er hat dann glaub ich vier Studenten
von uns betreut. Ich hatte da ein kleines Projekt von zwei Drehtagen, bei dem es
um Geschichten bei einem Fußballverein ging. Franz hat damals zu mir gesagt:
"Warum schreibst denn des ned auf boarisch? Is doch viel glaubwürdiger!". Wenn
er das damals nicht gesagt hätte, dann hätte ich einen hochdeutschen Film
gemacht. Er hatte total recht. Ich war jahrelang auch bei einem Fußballverein
und hab dort immer nur bayerisch geredet in der Umkleidekabine. Ihm hat dann
auch noch so gut gefallen WIE ich bayerisch schreibe, dass er mich neben meinem
Studium engagiert hat, um ihm bei "Cafe Meineid" zuzuarbeiten. Ich hab da quasi
Fälle und Szenen recherchiert, worauf er dann Bücher schreiben konnte. Das ist
dann dazu übergegangen, dass wir Bücher gemeinsam geschrieben haben und so habe
ich wichtige Leute beim bayerischen Fernsehen kennen gelernt. Er hat mich zu der
Zeit unheimlich gefördert.
B K:
Mittlerweile gehören Sie, u.a. auch mit Marcus H. Rosenmüller oder Thomas
Kronthaler, zu den Regisseuren, die der bayerischen Filmlandschaft zu neuem
Aufschwung verholfen hat...
M K:
Mei, für
uns ist es natürlich super. Der Marcus war glaub ich ein Jahr und der
Thomas Kronthaler vielleicht zwei oder drei Jahre vor mir auf der
Filmhochschule. Wir haben ja dort auch schon immer bayerische Filme gemacht.
Nach Rosis mit dem Wahnsinns Erfolg "Wer früher stirbt ist länger tot", war da
plötzlich wieder ein großer Markt für so was da. Für uns alle eigentlich ein
Geschenk, weil wir die Filme machen dürfen, die wir eigentlich in der Hochschule
auch schon gedreht haben. So war das ja bei mir auch. Ein Jahr nach "Wer früher
stirbt ist länger tot" hatte ich die Möglichkeit "Das große Hobeditzn" zu
drehen. Ein Jahr drauf dann "Baching". So hat der Rosi eigentlich eine kleine
Bresche für uns geschlagen und wir sind glücklich die Sachen zu machen, die uns
gefallen. Die Kehrseite der Medaille ist allerdings, das manche mir nicht
zutrauen, dass ich auch einen hochdeutschen Film inszenieren könnte. Es ist
jetzt gerade erst ein Projekt gescheitert, das in Berlin gespielt hätte, weil es
dann hieß: "Naja, aber der macht ja nur Bayerische und so!". Da denkt man sich
natürlich auch seinen Teil. Ich glaube das heutzutage jeder, der bayerisch
sprechen kann, auch hochdeutsch hinkriegt. Zu mal es bei dem Thema um Schule
gegangen wäre und da ist es eigentlich egal ob auf hochdeutsch oder bayerisch
ausgedrückt. Das war schon sonderbar. (grinst)
B K:
Für die
Geschichte ist es dann schon irgendwie schade...
M K:
Klar, aber
man wird halt dann doch irgendwie in Schubladen gesteckt.
B K:
Aber als
Fluch würden Sie es jetzt auch nicht bezeichnen?
M K:
Ach was.
Nein, überhaupt nicht! Ich bin mir schon bewusst, dass ich sehr privilegiert
bin. Ich kann Filme machen und das tun, was ich studiert hab. Es gibt aus meinem
Jahrgang nicht wenige Leute, die genauso talentiert waren wie ich, aber mit
ihren Themen dann eher Pech hatten. Es wäre schon sehr dumm sich darüber zu
beschweren. Ich hab Spaß bei denen Filmen, die ich machen kann. Nur wird halt
wahrscheinlich auch irgendwann mal ein Hochdeutscher dabei sein. Und dann werden
alle sagen: "Aha, der kann ja auch hochdeutsch sprechen!". (lacht)
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B K:
Stört es
Sie denn wenn Vergleiche mit Rosenmüller oder sogar auch Bogner oder Dietl
gezogen werden?
M K:
Im
Gegenteil, man fühlt sich sogar geehrt wenn man mit solchen Namen in Verbindung
gebracht wird. Der Rosi ist auch ein Kollege den ich sehr schätze und auch
privat ganz gut kenne. Wir wohnen ja nicht weit entfernt voneinander. Wir teilen
ja z.B. auch bestimmte Leute eines Teams immer wieder. Er dreht ja auch ganz gern
mit dem Kameramann Stefan Biebl (war fast bei allen Filmen von Rosenmüller
beteiligt), mit dem ich auch "Baching" und "Franzi" gemacht hab. Auch der
Ausstatter Johannes Sternagel (u.a. schon für "München 7" tätig) war schon
öfters bei mir dabei. Eigentlich ist es schon wie so ein erweiterter Freundeskreis.
Man fühlt sich da schon gut aufgehoben. Wenn es dann heißt: "Dietl, Bogner,
Rosenmüller, Kiefersauer...", dann klingt das schon ganz schön. (lacht)
B K:
Ihre
Serie "Franzi" war ja auch sehr beliebt! Wird es da irgendwann mal noch neue
Folgen geben?
M K:
(schüttelt energisch den Kopf) Na! Das ist endgültig. Die Serie hatte ja
auch 26 Folgen und wir haben auch festgestellt, dass die Figuren irgendwie zu
Ende erzählt sind. Da müsste man etwas komplett neu aufreißen, mit neuen Figuren
und vielleicht aus Franzi und Werner junge Eltern machen oder so. Also entweder
radikal ändern, oder man lässt es bleiben und ich glaube es ist besser so. Es
ist in unser aller Sinne, wenn man sagt die 26 Folgen stehen gut da wie sie
sind. Wenn man eine bayerische Serie erzählen will, dann stürzt man sich lieber
auf andere Projekte.
B K:
Ich finde
das bemerkenswert, denn es gibt schließlich genug gute Vorbilder bei bayerischen
Serien, die auch eine begrenzte Anzahl an Folgen hatten. Die Qualität bleibt.
Aber wenn wir schon bei neuen Projekten sind, können Sie da mehr verraten?
M K:
(überlegt) Also ich habe in diesem Sommer ganz viele Geschichten
geschrieben. Ich hatte mir auch vorgenommen mit eigenen Drehbüchern an den Start
zu gehen. Im Moment geistern da so vier oder fünf Stück durch die Filmlandschaft
und man ist da leider immer etwas zum Warten verdonnert, weil ich bestimmte
Produktionsfirmen nicht entscheiden können. (grinst) Dieses Warten allerdings
verbringe ich natürlich lieber mit arbeiten, als mit mit ungeduldig werden. Mir
wurde jetzt ein Film von der Bavaria angeboten, den ich sehr gerne mache und bei
dem Günther Maria Halmer mitspielt. Das ist ein Freitagabend-Film für die ARD.
B K:
Für den Münchner Merkur schreiben Sie ja auch immer wieder Kolumnen. Gibt es da
auch Geschichten oder Erlebnisse, die man verfilmen könnte?
M K:
Hm
(überlegt), so ein bisschen könnte man die Geschichten tatsächlich für einen
Kurzfilm hernehmen. Wobei ja die Anforderung bei den Kolumnen ist, dass sie
immer mit München zu tun haben. Kiefersauer's "Münchner Geschichten" quasi.
(grinst) Das dann so auszudehnen, dass dies was Längeres ergibt wäre aber
nicht so einfach.
B K:
Was
machen Sie jetzt am liebsten? Serien, Filme oder etwa doch den Komödienstadl,
bei dem Sie ja auch immer wieder mal Regie führen?
M K:
Also am
liebsten mache ich schon Filme. Serien...hm (überlegt). Das wäre spannend,
wenn ich auch selber eine entwickeln dürfte. Bei "Franzi" war es ja so, dass ich
sie nur inszeniert habe. Da hätte ich schon relativ großen Spaß daran, auch wenn
es ein großer Berg Arbeit wäre. Im Moment fühle ich mich aber in dem Bereich
Spielfilm am wohlsten.
B K:
Letzte Frage: Haben Sie eine bayerische Liebingsserie?
M K:
(Überlegt
lange) Ja... klar. Ich muss sagen, dass ich "Münchner Geschichten" wirklich sehr
gern angeschaut habe. Mit dem Tscharlie Häusler, das war schon großartig.
Therese Giehse als Oma war natürlich auch toll! Aber "Irgendwie und Sowieso" ist
da gleichauf und genauso gut.
B K:
Na denn
wird es Sie ja freuen mit dem "Tscharlie" drehen zu können...
M K:
(lacht)
Ja genau!
B K:
Vielen
Dank für das nette Gespräch!
M K:
Sehr
gerne!
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