Bayerische Kultserien:
Peter,
die erste Frage im Kontext von „Kohlrabenschwarz“ liegt ja eigentlich auf der
Hand: Was bist Du eigentlich für ein Pfarrer?
Peter
Ketnath:
(lacht)
Auf jeden Fall ein geheimnisvoller. Jemand der immer
für eine Überraschung gut ist und das Geheimnis durch die erste Staffel trägt,
warum er manchmal ein bisschen die Nase vorn hat oder sich vorstellen kann was
als nächstes kommt.
B K:
Wie
bist Du zur Rolle des Pfarrers Franz Hartl gekommen?
P K:
Vor
einigen Jahren ist „bumm Film“, die die Serie produziert, schon mal auf mich
zugekommen, was dann aber ein bisschen im Sand verlaufen ist. Dadurch hat sich
aber der Kontakt wieder aufgetan. Ich muss sagen, dass ich Feuer und Flamme war,
mal wieder in Bayern längerfristig zu drehen. Ich bin Münchner und habe auch
schon in vielen bayerischen Serien gespielt. Bei den Screentest und im Gespräch
hat es sich dann gut entwickelt und man hat gegenseitig gemerkt, dass es gut
passen könnte.
B K:
Du
warst einer der wenigen, die beim Hörspiel zuvor nicht beteiligt waren. Kanntest
Du es davor?
P K:
Ich
kannte es tatsächlich nicht und habe es erst durch mein Engagement kennengelernt.
Dann fand ich es auch originell, witzig, spannend und auch sehr gut gesprochen.
Meine Rolle wurde dann für die Serienrolle neu besetzt. Die anderen Rollen
wurden alle mit den Sprechern des Hörspiels besetzt.
B K:
Wie war
die Zusammenarbeit mit dem, quasi bereits eingespielten Team?
P K:
Problemlos. Ich bin ziemlich offen aufgenommen worden von diesem Haufen
„Wahnsinniger“ sag ich mal. (lacht) Wobei es gar nicht so wahnsinnig ist.
Das Thema bei „Kohlrabenschwarz“ ist zwar irre, aber erfordert ja trotzdem
harte, konzentrierte und professionelle Arbeit. Trotzdem hat es viel Spaß
gemacht.
B K:
Hattest
Du im Vorfeld Bedenken, dass die Fans, die das Hörspiel schon kennen, Dich in
der Rolle des Pfarrers nicht gut annehmen würden?
Foto: Linda Nohr/Paramount+
P K:
Damit hätte ich leben müssen. Aber ich habe mir darüber gar nicht so Gedanken
gemacht. Jürgen Tonkel, der in der Hörspielreihe den Pfarrer gesprochen hat,
spielt ja trotzdem mit.
B K:
Ich
persönlich finde es perfekt vom Aussehen, Dialekt und Mimik, die man sich beim
Hörspiel ja „nur“ vorstellen konnte.
P K:
Das
hört man doch gerne, danke!
B K:
Kanntest Du als Bayer bzw. Münchner schon einige der Mythen und Sagen aus
„Kohlrabenschwarz“?
P K:
Ich
bin jetzt als Münchner nicht so wahnsinnig bewandert, was Freinächte etc.
angeht. Man kennt das so ein bisschen vom Hörensagen, aber ich habe da nie
mitgemacht. Klar wurde bei uns vom „Krampus“ gesprochen und nicht vom „Knecht
Ruprecht“. Das ganze oberbayerische Seenland ist grundsätzlich auch manchmal ein
bisschen morbide, wenn es nicht gerade Hochsommer ist und die meisten mit dem
Segelboot rumflitzen. Von Bayern bis Südtirol sind da wohl kulturelle
Hintergründe zu finden. Den „bluadigen Dammerl“ und die „Thomasnacht“ kannte ich
jetzt nicht, aber als ich es gelesen habe, war mir sofort klar, was es damit auf
sich hat. Irgendwie habe ich also schon eine gewisse Fantasie dafür und eine
Verbindung. Dann gibt’s auch die populäreren Sachen wie z.B. den „Rattenfänger
von Hameln“, den jedes Kind kennt. Die „Perchta“ beispielsweise war mir jetzt
auch nicht so 100% geläufig, aber das war auch spannend hier mit der Serie auf
die Suche zu gehen.
B K:
Du hast
vorher schon gesagt, dass Du Dich gefreut hast, wieder in Bayern zu drehen. Hat
Dir auch gefallen Dialekt sprechen zu dürfen?
P K:
Total!
Das finde ich immer gut. Ich habe vorher auch schon mit Joseph Vilsmaier „Und
keiner weint mir nach“ gemacht, was eine eher münchnerische Sprachfärbung war.
Mit der „Geschichte vom Brandner Kaspar“ haben wir natürlich voll ins Bayrische
gegriffen und dann gab es auch Rollen beim „Bullen von Tölz“. „Hubert ohne
Staller“ oder den „Rosenheim Cops“, wo es auch bayrisch gefärbt war. Das es bei
„Kohlrabenschwarz“ jetzt hoffentlich längerfristig ist, macht schon großen Spaß.
B K:
Eine
typische Frage zur Rolle wäre jetzt auch: Wie viel vom Franz Hartl steckt auch
in Peter Ketnath? Kannst Du dich mit ihm als Typ ein bisschen identifizieren?
P K:
Zum
Teil auf jeden Fall. Ich finde es cool, dass er so ein „Anarcho-Pfarrer“ ist,
der sich die Robe überwirft, aber dennoch eine Religion verinnerlicht hat,
besitzt und auch ausstrahlt. Das eine schließt ja das andere nicht aus. Ich
finde auch seinen Umgang mit Menschen grundsätzlich sympathisch, auch wenn es
vielleicht manchmal rumpelt. Er ist glaube ich ein Kerl, mit dem ich persönlich
gut klarkommen könnte.
B K:
Hast Du
selber einen Bezug zur Kirche?
P K:
Nicht besonders viel. Teile meiner Familie sind evangelisch, aber ich wurde z.B.
nicht getauft. Ich würde mich aber schon als religiösen Menschen bezeichnen,
auch wenn ich kein konsequenter Kirchgänger bin. Als Kind musste ich mit der Oma
oft mitgehen, von dem her glaube ich, habe ich genug Messen verinnerlicht und
gehört. (lacht) Meine persönliche Meinung ist, dass man sich das Ganze
als erwachsener Mensch ein bisschen persönlicher zusammenbaut.
B K:
Wie
kommt es, dass Du schon so viel im Ausland gemacht und gedreht hast?
P K:
Einerseits reine Neugier, andererseits muss ich zugeben, dass ich im Ausland die
spannenderen Rollen spielen durfte. Hier ist es oft ein stereotypischer
Castingprozess, den man durchlaufen muss. Ich habe aber vielleicht auch den
Vorteil, dass ich relativ sprachinteressiert und begabt bin. Über das große
Latinum, dass ich in München gemacht habe, kann ich ganz gut Spanisch und
dadurch entwickelte sich eine Affinität zum Portugiesischen, weil ich da auch
viele Filme aus den 60er, 70er und 80er Jahren gesehen habe. Musik ist da auch
immer ein gutes Transportmittel und Thema. Auf der Berlinale gab es dann
tatsächlich mal eine Begegnung, wo jemand einen Deutschen gesucht hat, der
Portugiesisch oder Spanisch spricht. Einer der Vorschläge war ich. Nachdem ich
das Drehbuch großartig fand, habe ich mich entschieden das zu machen. Daraus
entwickelte sich das Ganze ursprünglich.
B K:
Solche
Erfahrungen sind Dir wichtig, oder?
P K:
Total. Verschiedene Rollen, verschiedene Kulturen und die Erkenntnis, dass
Filmsprache global ist. Man kann in allen Teilen der Welt drehen und versteht
sich ziemlich schnell mit jedem. So kamen neben den spanischen Sachen auch Drehs
in Englisch dazu. Ich finde das als Schauspieler super, wenn es immer wieder
woanders herkommt. Deswegen freue ich mich auch, wenn ich jetzt wieder Mundart
sprechen darf, weil das einfach „bauchiger“ ist.
B K:
Hättest
Du Dir auch vorstellen können, mal komplett ins Ausland zu gehen?
P K:
Ja,
warum nicht. Ich war schon mal Monate oder auch Jahre weg und habe woanders
gearbeitet. Im weitesten Sinne würde ich mich auch als Europäer bezeichnen und
fühle mich wohl in Deutschland. Wie es momentan ist, passt es eigentlich. Ich
gehe jedes Jahr mal für 3-4 Wochen irgendwo hin, drehe dort was und komme wieder
zurück.
B K:
Für
Deinen ersten Kinofilm wurdest Du von Joseph Vilsmaier engagiert. Kann man
sagen, dass er Dich entdeckt ha?
P K:
Kann man
eigentlich so sagen, ja.
B K:
Auch bei seinem Erfolg „Die Geschichte vom Brandner Kaspar“ warst Du dabei.
Wie war die Arbeit mit ihm als Regisseur?
P K:
Ich fand
es immer toll mit ihm zu arbeiten. Ich glaube das ging den meisten Kollegen
so, die mit ihm drehen durften. Er war absolut großzügig und als
Schauspieler wurde man immer sehr wertgeschätzt. Ihm war glaube ich
Authentizität das wichtigste und man konnte eine Rolle auch so anlegen, wie
man es für sich selbst als gut befunden hat. Ich war damals auf der
Schauspielschule und entdeckte dort ganz klassisch einen Aushang am
schwarzen Brett. Ich glaube es wurden ungefähr 600 Leute getestet und ich
bin immer weiter gerutscht. Da wusste ich auch noch nicht wie mit geschieht.
(lacht) Irgendwann wurde dann entschieden, dass wir das zusammen
machen. Wir damals für „Und keiner weint mir nach“ in Prag gedreht, wo
München quasi nachgebaut wurde. Das war schon toll.
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B K:
Wie
schon angesprochen, hast Du schon bei vielen deutschen TV-Serien mitgespielt.
Wie siehst Du die Entwicklung, seit es Streamingdienste gibt?
P K:
Ich
sehe das eigentlich total positiv. Es wurde glaube ich schon eine Schippe
draufgelegt. Auch jetzt z.B. von Paramount bei „Kohlrabenschwarz“, was den Look
einer Serie angeht. Das ist vielleicht etwas internationaler. Im deutschen
Fernsehen hat man es ja doch gerne das familientaugliche Bild. Nicht zu starke
Kontraste, fröhliche Farben etc. Das mag für bestimmte Formate auch das richtige
sein, aber wenn man etwas wie „Kohlrabenschwarz“ dreht, oder generell in die
Krimiwelt geht, dann darf es schon düsterer sein finde ich. Ich glaube auch es
gibt hier generell etwas kürzere Wege als bei den Öffentlich-Rechtlichen. Gerade
auch in der Stoffentwicklung. Bestimmte Themen können vielleicht schneller
umgesetzt werden. So kam es mir zumindest vor.
B K:
Spielst
Du lieber einen Antagonisten oder einen Sympathieträger? Du hattest ja alles
schon.
P K:
(lacht und überlegt)
Schwierig. Wenn ich ganz ehrlich bin, dann sind die Antagonisten meistens die
spannenderen Rollen. Die tolleren Figuren, weil man bestimmte Sachen ausloten
kann, die trotzdem zum Menschsein dazugehören. Es gibt aber auch den großen „Pay
off“, wenn man einen Sympathieträger spielt, dass die Leute es eben einfach
mögen und sie sozusagen positiv unterhalten werden. Das ist schon auch viel
Wert. Es gibt einfach gut geschriebene Rollen und weniger gut geschriebene. Im
Endeffekt ist es nur das.
B K:
Wie ich
Dich einschätze, lässt Du Dich aber auch hier nicht gerne festlegen.
P K:
Nicht wirklich. (lacht)
B K:
Wenn Du
jetzt z.B. in einer Serie schon lange eine bestimmte Rolle spielst, ist das für
Dich ok, oder würdest Du aufhören, wenn Du das Gefühl bekommst, die Rolle ist
jetzt „ausgelutscht“.
P K:
Ich
glaube schon. Wenn für mich der Punkt erreicht wäre, an dem ich eine Rolle als
ausgelutscht empfinde, dann würde ich es mitteilen und danach eine Entscheidung
treffen. Bei längeren Serien muss ich aber auch einfügen, dass der Zuschauer
auch entscheidet, wie lange er das sehen will. Die Leute wollen ja auch einen
Wiedererkennungswert und bestimmte Teams oder Protagonisten, mit denen sie
wachsen können oder die sie begleiten.
© ZDF / Markus
Fenchel
B K:
„SOKO
Stuttgart“ ist wohl Deine längste Serie. Die Rolle hast du seit 2009.
P K:
Ja,
definitiv. Das längste davor war glaube ich mal drei Jahre bei „Klinikum Berlin
Mitte“, als Pro Sieben noch ein jüngerer Sender war. (lacht)
B K:
Nachdem
Du ja aus München bist, gibt es für Dich eine bayerische Lieblingsserie?
P K:
(überlegt)
Naja logisch, „Monaco Franze“. Die ganzen Sachen von Helmut Dietl fand ich toll.
Ich mochte auch „Polizeiinspektion 1“ und „Meister Eder und sein Pumuckl“.
B K:
Vielen
Dank Peter, für das nette Gespräch und viel Erfolg bei der Premiere heute!
P K:
Danke Dir!
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