Interview mit Peter Ketnath

(01.06.2023/München)

Bei der Premiere von "Kohlrabenschwarz".

https://peter-ketnath.de

Bayerische Kultserien: Peter, die erste Frage im Kontext von „Kohlrabenschwarz“ liegt ja eigentlich auf der Hand: Was bist Du eigentlich für ein Pfarrer?

Peter Ketnath: (lacht) Auf jeden Fall ein geheimnisvoller. Jemand der immer für eine Überraschung gut ist und das Geheimnis durch die erste Staffel trägt, warum er manchmal ein bisschen die Nase vorn hat oder sich vorstellen kann was als nächstes kommt.

B K: Wie bist Du zur Rolle des Pfarrers Franz Hartl gekommen?

P K: Vor einigen Jahren ist „bumm Film“, die die Serie produziert, schon mal auf mich zugekommen, was dann aber ein bisschen im Sand verlaufen ist. Dadurch hat sich aber der Kontakt wieder aufgetan. Ich muss sagen, dass ich Feuer und Flamme war, mal wieder in Bayern längerfristig zu drehen. Ich bin Münchner und habe auch schon in vielen bayerischen Serien gespielt. Bei den Screentest und im Gespräch hat es sich dann gut entwickelt und man hat gegenseitig gemerkt, dass es gut passen könnte.

B K: Du warst einer der wenigen, die beim Hörspiel zuvor nicht beteiligt waren. Kanntest Du es davor?

P K: Ich kannte es tatsächlich nicht und habe es erst durch mein Engagement kennengelernt. Dann fand ich es auch originell, witzig, spannend und auch sehr gut gesprochen. Meine Rolle wurde dann für die Serienrolle neu besetzt. Die anderen Rollen wurden alle mit den Sprechern des Hörspiels besetzt.

B K: Wie war die Zusammenarbeit mit dem, quasi bereits eingespielten Team?

P K: Problemlos. Ich bin ziemlich offen aufgenommen worden von diesem Haufen „Wahnsinniger“ sag ich mal. (lacht) Wobei es gar nicht so wahnsinnig ist. Das Thema bei „Kohlrabenschwarz“ ist zwar irre, aber erfordert ja trotzdem harte, konzentrierte und professionelle Arbeit. Trotzdem hat es viel Spaß gemacht.

B K: Hattest Du im Vorfeld Bedenken, dass die Fans, die das Hörspiel schon kennen, Dich in der Rolle des Pfarrers nicht gut annehmen würden?

Foto: Linda Nohr/Paramount+

P K: Damit hätte ich leben müssen. Aber ich habe mir darüber gar nicht so Gedanken gemacht. Jürgen Tonkel, der in der Hörspielreihe den Pfarrer gesprochen hat, spielt ja trotzdem mit.

B K: Ich persönlich finde es perfekt vom Aussehen, Dialekt und Mimik, die man sich beim Hörspiel ja „nur“ vorstellen konnte.

P K: Das hört man doch gerne, danke!

B K: Kanntest Du als Bayer bzw. Münchner schon einige der Mythen und Sagen aus „Kohlrabenschwarz“?

P K: Ich bin jetzt als Münchner nicht so wahnsinnig bewandert, was Freinächte etc. angeht. Man kennt das so ein bisschen vom Hörensagen, aber ich habe da nie mitgemacht. Klar wurde bei uns vom „Krampus“ gesprochen und nicht vom „Knecht Ruprecht“. Das ganze oberbayerische Seenland ist grundsätzlich auch manchmal ein bisschen morbide, wenn es nicht gerade Hochsommer ist und die meisten mit dem Segelboot rumflitzen. Von Bayern bis Südtirol sind da wohl kulturelle Hintergründe zu finden. Den „bluadigen Dammerl“ und die „Thomasnacht“ kannte ich jetzt nicht, aber als ich es gelesen habe, war mir sofort klar, was es damit auf sich hat. Irgendwie habe ich also schon eine gewisse Fantasie dafür und eine Verbindung. Dann gibt’s auch die populäreren Sachen wie z.B. den „Rattenfänger von Hameln“, den jedes Kind kennt. Die „Perchta“ beispielsweise war mir jetzt auch nicht so 100% geläufig, aber das war auch spannend hier mit der Serie auf die Suche zu gehen.

B K: Du hast vorher schon gesagt, dass Du Dich gefreut hast, wieder in Bayern zu drehen. Hat Dir auch gefallen Dialekt sprechen zu dürfen?

P K: Total! Das finde ich immer gut. Ich habe vorher auch schon mit Joseph Vilsmaier „Und keiner weint mir nach“ gemacht, was eine eher münchnerische Sprachfärbung war. Mit der „Geschichte vom Brandner Kaspar“ haben wir natürlich voll ins Bayrische gegriffen und dann gab es auch Rollen beim „Bullen von Tölz“. „Hubert ohne Staller“ oder den „Rosenheim Cops“, wo es auch bayrisch gefärbt war. Das es bei „Kohlrabenschwarz“ jetzt hoffentlich längerfristig ist, macht schon großen Spaß.

B K: Eine typische Frage zur Rolle wäre jetzt auch: Wie viel vom Franz Hartl steckt auch in Peter Ketnath? Kannst Du dich mit ihm als Typ ein bisschen identifizieren?

P K: Zum Teil auf jeden Fall. Ich finde es cool, dass er so ein „Anarcho-Pfarrer“ ist, der sich die Robe überwirft, aber dennoch eine Religion verinnerlicht hat, besitzt und auch ausstrahlt. Das eine schließt ja das andere nicht aus. Ich finde auch seinen Umgang mit Menschen grundsätzlich sympathisch, auch wenn es vielleicht manchmal rumpelt. Er ist glaube ich ein Kerl, mit dem ich persönlich gut klarkommen könnte.

B K: Hast Du selber einen Bezug zur Kirche?

P K: Nicht besonders viel. Teile meiner Familie sind evangelisch, aber ich wurde z.B. nicht getauft. Ich würde mich aber schon als religiösen Menschen bezeichnen, auch wenn ich kein konsequenter Kirchgänger bin. Als Kind musste ich mit der Oma oft mitgehen, von dem her glaube ich, habe ich genug Messen verinnerlicht und gehört. (lacht) Meine persönliche Meinung ist, dass man sich das Ganze als erwachsener Mensch ein bisschen persönlicher zusammenbaut.

B K: Wie kommt es, dass Du schon so viel im Ausland gemacht und gedreht hast?

P K: Einerseits reine Neugier, andererseits muss ich zugeben, dass ich im Ausland die spannenderen Rollen spielen durfte. Hier ist es oft ein stereotypischer Castingprozess, den man durchlaufen muss. Ich habe aber vielleicht auch den Vorteil, dass ich relativ sprachinteressiert und begabt bin. Über das große Latinum, dass ich in München gemacht habe, kann ich ganz gut Spanisch und dadurch entwickelte sich eine Affinität zum Portugiesischen, weil ich da auch viele Filme aus den 60er, 70er und 80er Jahren gesehen habe. Musik ist da auch immer ein gutes Transportmittel und Thema. Auf der Berlinale gab es dann tatsächlich mal eine Begegnung, wo jemand einen Deutschen gesucht hat, der Portugiesisch oder Spanisch spricht. Einer der Vorschläge war ich. Nachdem ich das Drehbuch großartig fand, habe ich mich entschieden das zu machen. Daraus entwickelte sich das Ganze ursprünglich.

B K: Solche Erfahrungen sind Dir wichtig, oder?

P K: Total. Verschiedene Rollen, verschiedene Kulturen und die Erkenntnis, dass Filmsprache global ist. Man kann in allen Teilen der Welt drehen und versteht sich ziemlich schnell mit jedem. So kamen neben den spanischen Sachen auch Drehs in Englisch dazu. Ich finde das als Schauspieler super, wenn es immer wieder woanders herkommt. Deswegen freue ich mich auch, wenn ich jetzt wieder Mundart sprechen darf, weil das einfach „bauchiger“ ist.

B K: Hättest Du Dir auch vorstellen können, mal komplett ins Ausland zu gehen?

P K: Ja, warum nicht. Ich war schon mal Monate oder auch Jahre weg und habe woanders gearbeitet. Im weitesten Sinne würde ich mich auch als Europäer bezeichnen und fühle mich wohl in Deutschland. Wie es momentan ist, passt es eigentlich. Ich gehe jedes Jahr mal für 3-4 Wochen irgendwo hin, drehe dort was und komme wieder zurück.

B K: Für Deinen ersten Kinofilm wurdest Du von Joseph Vilsmaier engagiert. Kann man sagen, dass er Dich entdeckt ha?

P K: Kann man eigentlich so sagen, ja.

B K: Auch bei seinem Erfolg „Die Geschichte vom Brandner Kaspar“ warst Du dabei. Wie war die Arbeit mit ihm als Regisseur?

P K: Ich fand es immer toll mit ihm zu arbeiten. Ich glaube das ging den meisten Kollegen so, die mit ihm drehen durften. Er war absolut großzügig und als Schauspieler wurde man immer sehr wertgeschätzt. Ihm war glaube ich Authentizität das wichtigste und man konnte eine Rolle auch so anlegen, wie man es für sich selbst als gut befunden hat. Ich war damals auf der Schauspielschule und entdeckte dort ganz klassisch einen Aushang am schwarzen Brett. Ich glaube es wurden ungefähr 600 Leute getestet und ich bin immer weiter gerutscht. Da wusste ich auch noch nicht wie mit geschieht. (lacht) Irgendwann wurde dann entschieden, dass wir das zusammen machen. Wir damals für „Und keiner weint mir nach“ in Prag gedreht, wo München quasi nachgebaut wurde. Das war schon toll.

 

B K: Wie schon angesprochen, hast Du schon bei vielen deutschen TV-Serien mitgespielt. Wie siehst Du die Entwicklung, seit es Streamingdienste gibt?

P K: Ich sehe das eigentlich total positiv. Es wurde glaube ich schon eine Schippe draufgelegt. Auch jetzt z.B. von Paramount bei „Kohlrabenschwarz“, was den Look einer Serie angeht. Das ist vielleicht etwas internationaler. Im deutschen Fernsehen hat man es ja doch gerne das familientaugliche Bild. Nicht zu starke Kontraste, fröhliche Farben etc. Das mag für bestimmte Formate auch das richtige sein, aber wenn man etwas wie „Kohlrabenschwarz“ dreht, oder generell in die Krimiwelt geht, dann darf es schon düsterer sein finde ich. Ich glaube auch es gibt hier generell etwas kürzere Wege als bei den Öffentlich-Rechtlichen. Gerade auch in der Stoffentwicklung. Bestimmte Themen können vielleicht schneller umgesetzt werden. So kam es mir zumindest vor.

B K: Spielst Du lieber einen Antagonisten oder einen Sympathieträger? Du hattest ja alles schon.

P K: (lacht und überlegt) Schwierig. Wenn ich ganz ehrlich bin, dann sind die Antagonisten meistens die spannenderen Rollen. Die tolleren Figuren, weil man bestimmte Sachen ausloten kann, die trotzdem zum Menschsein dazugehören. Es gibt aber auch den großen „Pay off“, wenn man einen Sympathieträger spielt, dass die Leute es eben einfach mögen und sie sozusagen positiv unterhalten werden. Das ist schon auch viel Wert. Es gibt einfach gut geschriebene Rollen und weniger gut geschriebene. Im Endeffekt ist es nur das.

B K: Wie ich Dich einschätze, lässt Du Dich aber auch hier nicht gerne festlegen.

P K: Nicht wirklich. (lacht)

B K: Wenn Du jetzt z.B. in einer Serie schon lange eine bestimmte Rolle spielst, ist das für Dich ok, oder würdest Du aufhören, wenn Du das Gefühl bekommst, die Rolle ist jetzt „ausgelutscht“.

P K: Ich glaube schon. Wenn für mich der Punkt erreicht wäre, an dem ich eine Rolle als ausgelutscht empfinde, dann würde ich es mitteilen und danach eine Entscheidung treffen. Bei längeren Serien muss ich aber auch einfügen, dass der Zuschauer auch entscheidet, wie lange er das sehen will. Die Leute wollen ja auch einen Wiedererkennungswert und bestimmte Teams oder Protagonisten, mit denen sie wachsen können oder die sie begleiten.

 

© ZDF / Markus Fenchel

B K: „SOKO Stuttgart“ ist wohl Deine längste Serie. Die Rolle hast du seit 2009.

P K: Ja, definitiv. Das längste davor war glaube ich mal drei Jahre bei „Klinikum Berlin Mitte“, als Pro Sieben noch ein jüngerer Sender war. (lacht)

B K: Nachdem Du ja aus München bist, gibt es für Dich eine bayerische Lieblingsserie?

P K: (überlegt) Naja logisch, „Monaco Franze“. Die ganzen Sachen von Helmut Dietl fand ich toll. Ich mochte auch „Polizeiinspektion 1“ und „Meister Eder und sein Pumuckl“.

B K: Vielen Dank Peter, für das nette Gespräch und viel Erfolg bei der Premiere heute!

P K: Danke Dir!

 

 
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