Interview mit Ernst Hannawald

(02.08.2013 - Cineplex-Kino/Erding)

Bei der Premiere des Films "Dampfnudelblues".

Bayerische Kultserien: Der Film „Dampfnudelblues“ war schon am Filmfest in München ein großer Erfolg und der erste Film, der sofort ausverkauft war. Hatten Sie vorher eine Ahnung, dass er so gut ankommen würde?

Ernst Hannawald: Nein, woher hätte ich das wissen sollen?  

B K: Vielleicht bekommt man beim Drehen ja schon ein Gespür dafür…

E H: (lacht) Das wär geil, dann könnte ich richtig viel Geld verdienen, wenn ich das vorher wüsste!  Ich würde das dann so verbindlich weitergeben und der Produzent würde mich persönlich Huckepack zum Kino tragen, wenn ich ihm schon vorher sage: „Das wird ein Kassenknüller!“.

B K: Manchmal merkt man aber doch bestimmt ob ein Film gut wird, oder?

E H: Das kann man vorher nicht wissen. Mittlerweile habe ich 40 Jahre Erfahrung mit großen und kleineren Filmen, in denen ich Hauptrollen, kleinere Rollen und tragende Rollen gespielt habe. Mit den Serien zusammen sind es an die 165 Filme, bei denen ich sogar die Serien mit dazu zähle. Bei keinen dieser Produktionen wusste ich vorher ob es erfolgreich wird. Auch nicht bei meinem ersten Film „die Konsequenz“, der noch vom leider schon verstorbenem Bernd Eichinger produziert wurde. Natürlich sagten wir uns „das was wir da machen ist einzigartig und spannend!“ (Es war ein TV-Drama um eine Männerliebe, das der Bayerische Rundfunk 1977 noch boykottierte) und auch am Set hat man durch viele Fragen der Journalisten gemerkt, dass da etwas Riskantes entsteht, aber ob es was Gutes wird wussten wir nicht.

B K: Der Regisseur bei „Die Konsequenz“ war ja Wolfgang Petersen. Ein Thema das damals wirklich noch für viel Aufsehen sorgte…

E H: Eigentlich wurde er fürs Fernsehen produziert und der BR hing da ja mit drin. Scheinbar haben die aber vorher das Drehbuch nicht wirklich gelesen, denn als der Film fertig war und den Verantwortlichen vorgeführt wurde, haben die sich ausgeklinkt. Das ist eine witzige Geschichte, denn am Tag der geplanten Ausstrahlung sind wir alle erwartungsvoll vor dem Fernseher gesessen. Als es losgehen sollte, verkündete die Sprecherin „Es tut uns leid, aber wir müssen ihnen leider mitteilen, dass aus Gründen der Rechtsverbindlichkeit im Sinne der Diskriminierung von FRAUEN(!) dieser Film in einem Rechtsstreit eine einstweilige Verfügung erfahren hat und wir ihn deshalb nicht zeigen können. Wir zeigen ihnen stattdessen „Den Sternsteinhof“ von …“. Die Diskriminierung von Frauen bezieht sich auf eine einzige Szene im Film mit einem Mädchen und war eigentlich eine verrückte Begründung.

B K: Lassen Sie uns nochmal auf „Dampfnudelblues“ zurückkommen. Dort spielen Sie ja mit Sebastian Bezzel, Simon Schwarz, Stephan Zinner, Max Schmidt…

E H: …und dem wunderbaren und einzigartigen Eisi Gulp nicht zu vergessen!

B K: Den hab ich jetzt mal absichtlich außen vor gelassen, denn die anderen aufgezählten Kollegen zählen eigentlich zu der neueren bayerischen Schauspielgeneration. Wie beurteilen Sie diese?

E H: Es ist hervorragend, unglaublich und ausgezeichnet was es für wunderbare und charismatische Schauspieler jetzt wieder in Bayern gibt. Allerdings kann man natürlich noch so gut sein, wenn man keine tollen Geschichten und Drehbücher hat, nützt auch das ganze Spielen nichts. Da muss ich jetzt schon auch die Autorin des Buches „Dampfnudelblues“ Rita Falk, sowie den Christian Zübert, der den Roman adaptiert hat, besonders hervorheben. Aber alle Beteiligten haben ganz tolle Arbeit bei diesem Film geleistet. Ed Herzog als Regisseur und Sebastian Edschmid an der Kamera. Das ist mir wichtig, denn gerade die Kameramänner werden oft vergessen und die machen so eine hervorragende Arbeit. In diesem Film besonders toll zu sehen bei dem Fußballspiel.

B K: Auf der anderen Seite haben Sie auch schon mit vielen großen bayerischen Namen vor der Kamera gestanden. Ich nenne jetzt bloß mal Ruth Drexel, Toni Berger, Elmar Wepper und Hans Brenner. Leider weilen ja viele schon nicht mehr unter uns. An wen haben Sie besonders gute Erinnerungen?

E H: Da will nicht niemanden explizit und einzeln hervorheben und auch keinen Regisseur vergessen. Es hat mir immer mit allen Kolleginnen und Kollegen Spaß gemacht und ich habe mit Allen gut und gerne zusammen gearbeitet. Bedauerlicherweise ist das bei mir alles schon 20 oder 30 Jahre her. Weil die Schauspielkollegen oder auch Regisseure damals auch schon 50 oder 60 Jahre alt waren, leben halt heute leider viele davon nicht mehr. Von den bayerischen Regisseuren muss ich natürlich unbedingt den Franz X. Bogner hervorheben. Das ist ganz klar und da führt kein Weg dran vorbei. „Irgendwie und Sowieso“, „Zur Freiheit“ und die erste Serie, die ich überhaupt gemacht habe „Zeit genug“  waren tolle Produktionen. Gerade zu „Irgendwie und Sowieso“ gibt es ja richtige Kultabende und Vorführungen…

B K: Und deswegen auch eine Seite wie unsere…

E H: Eben! Der Franz ist aber auch ein ganz besonderer Regisseur. Auch bei seinen neueren Serien wie „Der Kaiser von Schexing“ oder „München 7“ habe ich mitgespielt.

B K: Sind Sie ein besonderer Liebling von ihm?

E H: Naja, der Franz hat mich eigentlich wieder neu entdeckt. Nach „Die Konsequenz“ habe ich meinen ersten internationalen Film in Italien gemacht und im nächsten Jahr noch drei weitere Produktionen. Ich hatte nach den ganzen Dreharbeiten damals das Gefühl, dass die Filmwelt nichts für mich ist. Zu der Zeit hab ich dann schon in Holland gelebt und wollte eigentlich lieber Musik machen. Das war mein Traum. Ich spiele auch heute noch verschiedene Gitarrenarten. Irgendwie durch Zufall, wobei ich ja eher glaube das Dinge vorherbestimmt sind, bin ich später einem Redakteur des bayerischen Rundfunks im Biergarten begegnet. Dieser hat mich dann aufgrund einer neuen Serie von Franz X. Bogner angesprochen und hat den Kontakt zu ihm hergestellt, weil er mich unbedingt dabei haben wollte.

B K: Danach waren Sie eigentlich bei jeder Serie dabei…

E H: …und ich und der Franz hatten dann eigentlich ein  Riesenproblem, weil der Franz gesagt hat „Ernst, jetzt wirds dann echt schwierig, weil ich ja nicht immer Etwas mit dir besetzen kann.“ (lacht) Ähnlich wie bei Werner Herzog, bei dem man schon keinen Film mehr mit Klaus Kinski anschauen konnte. Wobei ich den wirklich als einen zwar wahnsinnigen, aber hervorragenden Darsteller halte. Unabhängig von seinen privaten durchgeknallten Geschichten, hätte ich, wenn man im Nachhinein Szenen vom Filmset sieht, auch nie mit ihm zusammenarbeiten können, wenn ich ehrlich bin.

B K: Werden Sie noch oft auf diese Kultserien angesprochen?

E H: Ständig und dauernd. (grinst) Gerade wenn ich hier in der Gegend unterwegs bin. Manche sagen dann auch nicht Herr Hannawald zu mir, sondern „Hey Willi krieg ich ein Autogramm?“ (die Figur aus „Zeit Genug“). (lacht) Aber auch oft auf den Film „Mali“, den ich damals mit der Christine Neubauer unter der Regie von Rainer Wolffhardt gemacht habe, werde ich oft angesprochen. Das Drehbuch kam übrigens von Willy Purucker, der auch die „Löwengrube“ geschrieben hat, bei der ich auch in zwei Folgen mitspiele.

B K: Auch eine bayerische Kultserie…

E H: Die hat auch viele besondere Auszeichnungen gekriegt. Sollte man anschauen, wenn man sich für die Geschichte von Bayern und die Historie Münchens vor, während und nach dem Krieg interessiert. Hier sieht man warum und weshalb bestimmte Dinge entstanden sind. Zum Teil konnte da auch noch an original Schauplätzen gedreht werden. Andere haben Sie leider auf dem Bavaria-Filmgelände aufbauen müssen.

B K: Sie haben ja auch eine sehr ehrliche Autobiographie geschrieben, die ich übrigens sehr gut fand!

E H: Die dürfen sie auch gerne weiterempfehlen. Vor allem auch wegen meinem Buch, das hoffentlich bald erscheinen wird und wahrscheinlich den Titel „Traum oder Wirklichkeit“ tragen wird. Einen Erscheinungstermin gibt es allerdings noch nicht, weil das Veröffentlichen eines Buches heutzutage sehr schwer ist. Das war auch bei meiner Biographie „Das Leben ist kein Film“ so. Geschrieben habe ich diese schon vor 14 Jahren und promoted wurde das Buch vor ungefähr 10 Jahren. Es wurde sehr gut besprochen und ich wurde auch zu einigen Fernsehsendungen wie STERN TV oder zum Alfred Biolek eingeladen, aber die Verkaufszahlen hielten sich in Grenzen, da sich eine schwierige Biographie eben nicht so liest wie ein Roman.

B K: Worum geht es in Ihrem neuen Buch?

E H: „Traum oder Wirklichkeit“ ist jetzt erst mal der Arbeitstitel. Ob es dann so heißen wird ist noch fraglich. Die Geschichte handelt von allen Hauptreligionen, das heißt vom katholischen Glauben, vom Buddhismus, dem Islam und vom Judentum. Alle diese vier Religionsstifter haben jeweils eine Kommunikation bzw. eine Konversation in den Träumen eines Hauptprotagonisten. Immer wenn der sich schlafen legt, knüpft es an sein Gespräch mit den Religionsstiftern an. Es geht dann um seine täglichen Erfahrungen und Ereignisse des Lebens, die ihn beschäftigen oder missfallen und aufregen. Da passieren dann ganz außergewöhnliche und skurrile Dinge. Insgesamt war das eine lange und harte Arbeit, weil ich mich, um einen Glauben zu hinterfragen, natürlich auch mit der Katholischen Kirche oder dem Islam beschäftigen musste. Das spannende ist, dass ich das Buch im Vorfeld vielen Bekannten aus allerlei Gesellschaftsschichten zu lesen gegeben habe und feststellen musste, dass es diese Personen entweder lieben oder total ausgerastet sind. Manche meiner Freunde, die dem katholischen Glauben angehören, haben mich tatsächlich aggressiv  angegangen: "Das geht nicht! Du kannst das so nicht schreiben! Das ist völlig aus dem Konzept genommen!". Es stehen nun mal Dinge in der Bibel, die man bei genauem Lesen so interpretieren muss. Aber da ist es egal welche Religion, die stehen sich gegenseitig in nichts nach.

B K: Hört sich an, als dürfe man sehr gespannt sein. Da wünsche ich jetzt schon mal viel Erfolg. Ich habe zum Abschluss wie immer noch die Frage welches Ihre bayerische Lieblingsserie ist...

E H: Die ich immer noch gerne schaue? "Münchner Geschichten", der Hammer! Oder eben den ewigen Stenz "Monaco Franze". Im Übrigen habe ich damals in dem Haus, in dem die Frau von Soettingen in der Serie ihr Geschäft hat und in dem immer gedreht wurde, gewohnt. Direkt unterm Dach in der Fürstenstraße 8, während unten zu der Zeit öfters gefilmt wurde. Bei der ersten Serie von Helmut Dietl "Münchner Geschichten", habe ich für den Laden "Tscharlies Tschiens" die Sterne ausgeschnitten und an das Schaufenster geklebt, weil ich damals im Alter von 14 Jahren in den Sommerferien dort volontiert habe. (lacht) Ich habe sogar die Jeans in die Regale eingeräumt. Mein Stiefvater war Aufnahmeleiter bei "Münchner Geschichten" und so habe ich sogar noch die Therese Giehse kennen gelernt und war dann mit ihr beim Kaffee trinken. Eine sehr nette alte Dame damals.

B K: Eine nette Anekdote zum Schluss. Ich bedanke mich für das Gespräch.

E H: Ich sage danke.

 

 
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