Bayerische Kultserien:
Herr Brandner, wir sitzen hier ja im MONACO Cafe.
Deswegen wollte ich fragen, ob Sie wissen, was Sie und Helmut Fischer gemeinsam
haben?
Michael Brandner:
(lacht)
Helmut Fischer und ich, das
ist ja schon fast anmaßend würde ich sagen. Ich kannte ihn leider nicht. Nur
das, was er gemacht hat und was ich großartig finde. Sofern ich das richtig
verstanden habe, war er jemand, der dem „Schlendrian“ sehr zugänglich war. Wenn
es das ist, dann habe ich das auch sehr gerne. Ich bin jemand, der gerne auch
mal
ab und zu
faul ist.
B K:
Das ist sehr
ehrlich, war aber eigentlich gar nicht das, worauf ich hinauswollte. Helmut
Fischer war, was seine Schauspielkarriere betrifft, relativ spätberufen. Das
trifft auf Sie auch zu, richtig?
M B:
Das
kann man so nicht sagen. 1983 wurde ich von der berühmten Casterin An Dorthe
Braker für die Fernsehfilmreihe „Rote Erde“ unter der Regie von Klaus Emmerich
entdeckt. Das ist jetzt 40 Jahre her. Ich bin ein Quereinsteiger, aber nicht
spätberufen.
B K:
Wenn man in Ihre
Vita guckt, dann sieht man eigentlich seit 1988 kein Jahr mehr, in dem Sie nicht
in irgendeinem Film oder Serie mitgespielt haben.
M B:
Das stimmt. Ich hatte glücklicherweise immer gut zu tun und das ist Gottseidank
bis heute so geblieben.
B K:
Haben Sie noch
einen Überblick wie viele Produktionen das waren?
M B:
Über 300 sind es glaube ich.
B K:
Mit „Hubert ohne
Staller“ sind Sie ja wieder beim „Nonsens“ gelandet. Mit dem Polizeirat bzw.
Polizeiobermeister Girwidz haben Sie nun Ihre längste durchgehende Rolle, oder?
M B:
(lacht)
Das stimmt. Keine Rolle habe ich so lange gespielt wie diese. Als Protagonist
war ich zwar auch schon in Serien zu sehen, die liefen aber nie länger als zwei
Staffeln.
B K:
„Hubert und/ohne
Staller“ haben Sie auch selber schon mal als „Kultserie“ bezeichnet. Warum ist
diese Serie Kult geworden?
M B:
Die Leute mögen halt diese leicht rotzige und unbeschwerte Art, mit der wir die
Dinge machen. Es ist ja auch manchmal politisch ein bisschen unkorrekt. Damals
wurde von Oliver Mielke mit Unterstützung der Tele München zunächst ein Langfilm
ohne Zusage eines Senders produziert.
Nachdem der ARD-Vorabend auf der Suche nach regionalen
Krimiformaten war, wurde dort dieser Langfilm präsentiert und stieß auf größeres
Interesse. Der BR konzentrierte sich seinerzeit dann vorrangig auf „München 7“,
während der MDR die Federführung von „Hubert und Staller“ übernahm, wobei die
redaktionelle Verantwortung gemeinsam mit dem BR getragen wurde. Danach sind 7
Staffeln „Hubert und Staller“ entstanden. Nach dem Wechsel zu „Hubert ohne
Staller“ hat sich der MDR aus der redaktionellen Verantwortung ganz
herausgezogen.
B K:
Wenn „Hubert ohne
Staller“ mal keine Kultserie ist…
M B:
(lacht)
Das kann man wohl sagen.
B K:
Mit Ihrer Erfahrung
als Schauspieler, hätten Sie damals daran geglaubt, dass es die Serie jetzt
immer noch mit diesem Erfolg geben würde?
M B:
(lacht)
Nein.
Gedacht nicht, aber gehofft schon.
B K:
Jetzt wird es im
Januar wieder einen 90minüter von „Hubert ohne Staller“ geben. Titel „Hubert
ohne Staller: Dem Himmel ganz nah“. Gibt es bei einem Film eine andere
Herangehensweise?
M B:
Bei einem 90Minüter hat man einfach mehr Zeit und kann Geschichten noch
intensiver und genauer erzählen. Der Dreh hat viel Spaß gemacht, war allerdings
auch oft körperlich anstrengend.
B K:
Sie wurden also
nicht geschont?
M B:
Überhaupt
nicht. Diesmal vor allem in den Bergen nicht. Die Luft war sehr dünn und die
Sonne heiß.
B K:
Sind Sie etwa kein
Berggänger?
M B:
Ich fahre gerne
hoch und laufe dort herum. (lacht) Aber hochgehen interessiert mich nicht
so.
Das kann meine Frau gerne alleine machen,
ich finde die
Berge
aus einer gewissen Entfernung schöner.
Foto: Thomas Neumeier/ ARD
B K:
Ich habe von Ihnen
gelesen, dass Sie die Komödie als „Königsdisziplin“ bezeichnet haben.
M B:
Das ist sie,
eindeutig. In der Schauspielerei gibt es nichts,
was
da
drankommt.
B K:
Man kennt von Ihnen
ja auch einige fiese Rollen. Abwechslung ist schon wichtig, oder?
M B:
Ja klar. Ich
spiele gerne mal
den Bösewicht,
auch
das macht großen Spaß.
B K:
Und obwohl Sie
jetzt wirklich schon lange in der Reihe „Hubert ohne Staller“ dabei sind, nagelt
man Sie irgendwie trotzdem nicht auf diese Rolle fest.
M B:
Das hat man nie
gemacht, stimmt. Da habe ich einfach Glück gehabt, dass ich vielseitig besetzt
werde.
B K:
Sind Sie
fußballaffin? BVB oder FCB?
M B:
Oh, ich finde
beide wirklich klasse. Ich mag aber auch andere Vereine, wenn sie gut spielen.
Wenn ein Verein nicht gut spielt und kein Mannschaftsgeist da ist, dann
interessiert es mich nicht. Wenn Fußballweltmeisterschaft ist, dann darf ich nie
mit anderen gucken, weil immer zu denen halte, die ich in dem Moment gut finde
und nicht unbedingt zur Heimmannschaft. (lacht)
B K:
Was viele
vielleicht auch nicht wissen: Sie sind in Augsburg geboren und dort bis zu Ihrem
vierten Lebensjahr aufgewachsen.
M B:
In Augsburg
geboren und dann in der Nähe bei meinem Onkel
aufgewachsen,
bis ich mit vier Jahren
ins Ruhrgebiet
gekommen bin.
B K:
Stimmt es, dass Sie
im Kindergarten noch einen bayrischen Dialekt hatten.
M B:
Ja, ich habe
wirklich „gebayert“.
B K:
Schon mal probiert
eine Rolle auf bayrisch zu spielen?
M B:
Nein, ich habe
wirklich
großen Respekt vor
dem bayrischen
Dialekt.
B K:
Jemand, der gut
bayrische konnte, aber auch kein Bayer war, ist Ihr ehemaliger Serienkollege
Helmfried von Lüttichau. Welche Befürchtungen gab es damals nach seinem
Ausstieg?
M B:
Es war damit eine
andere Situation und wir alle haben uns sehr darüber gefreut, dass unser
Publikum uns die Treue gehalten hat.
B K:
Gibt es denn
Momente, wo Sie nichts von dem Bayrisch verstehen?
M B:
Oh ja, da
hatten wir schon so ein paar Kollegen. Beim Niederbayrisch gibt es irgendwo eine
„Abrisskante“, wo ich aussteige. (lacht) Mein Bruder lebt dort und hat
sich das irgendwann so zu eigen gemacht. Wenn er sich mit seinen Freunden
unterhält, dann habe ich manchmal „Rosa rauschen“ und muss bei bestimmten
Begriffen nachfragen. (lacht) Aber sonst verstehe ich eigentlich alles.
B K:
Wenn man eine Serie
so lange macht, wie sieht es da mit der Gefahr aus, dass es zu sehr Routine
wird?
M B:
Routine
gibt’s nicht.
Jeder
Drehtag ist anders und wir bereiten uns gemeinsam darauf vor., beispielsweise
improvisieren wir auch.
B K:
Wie ging das
für Sie damals bei „Hubert und Staller“ los?
M B:
Es gab diese Kurzserie „Land der Berge“, die einige Jahre lief. Da
hat Christian Tramitz mit Helmfried von Lüttichau das Bayrische etwas
„verballhornt“ und haben kompletten Blödsinn gemacht. Das waren nur ganz
kurze Episoden. Ich hatte vorher mit unserem Produzenten einen Kinofilm
gemacht, der hieß „Ossi’s Eleven“. So bin ich da in eine Folge geraten, bei
der ich einen Jäger und die beiden Polizisten spielten, von denen einer
ausversehen ein Reh erschossen hat.
Daraus entstand dann die Idee zur Serie.
Mit zwei
Polizisten
und mir als
strengem
Chef. |
© ARD/TMG, Chris Hirschhäuser |
B K:
Sie wohnen jetzt seit 1997 in München
Schwabing. Wenn ich das vorher richtig rausgehört habe, dann hatten Sie im
Ruhrpott durchaus auch eine wildere Jugend mit Nonsens und Blödsinn. Wären Ihre
Jugend in Schwabing zur damaligen Zeit auch so gewesen?
M B:
(lacht)
Ich denke das ist eine Wesensgeschichte. Ich denke ich wäre hier
genauso verfahren wie damals im Ruhrpott. (grinst) Zumindest kann ich mir
das nicht anders vorstellen. Aber dort war es auch wunderbar. Wir hatten eine
sehr zentrale Lage mitten in Dortmund und zu der Zeit gab war das ganze von
einem anderen Arbeitsbewusstsein geprägt.
B K:
Ich persönlich bin
auch ein großer Fan von Ruhrpott-Komödien. Auch mit Ihrer Beteiligung. Sei es
„Bang Boom Bang“, „Was nicht passt, wird passend gemacht“ oder auch „Die
Camper“, wo man wieder merkt: Egal welcher Dialekt, das hat einfach einen
bestimmten Charme. Trägt dann die Verortung in eine gewisse „Provinz“, wie wir
sie dort, aber auch bei „Hubert ohne Staller“ haben, dazu bei?
M B:
Ich denke mal, wenn man ein bisschen Landschaft verkaufen kann, was
bei uns eindeutig der Fall ist und dazu noch skurrile Gestalten, das ist schon
zugänglich für die Zuschauer. In einer Großstadt muss man wahrscheinlich schon
noch mehr machen. Abgesehen davon, gibt es wenige Großstädte, die so schon sind,
dass man sie ständig im Bild haben möchte. Das ist eine komplett andere
Geschichte. Sieht man auch an den Eberhofer-Krimis, die politisch noch
unkorrekter sind als wir, was ja kaum möglich ist. (lacht) Die haben
einen Bombenerfolg, weil die Leute
es
lieben. Und weil die Provinz hier tatsächlich
einen tollen Charme hat.
B K:
Bei so viel Komik
innerhalb dieses Formats, gibt es doch bestimmt auch Pannen, Lacher oder
Outtakes? Oder passiert das gar nicht so oft?
M B:
Doch, die gibt es. Eigentlich haben wir reichlich davon. Unser
Hauptproblem ist, dass sich das Team zusammenreißen muss, um nicht loszulachen.
Das passiert sehr oft, dass sich jemand nicht halten kann. Selbst der Regisseur
manchmal. (lacht) Das ist natürlich blöd, wenn da jemand im Hintergrund
prustet oder einen Hustenanfall vom Verschlucken bekommt. Für die Kollegen, die
wir in den Szenen anspielen, ist es auch manchmal schwierig die Contenance zu
bewahren.
B K:
Ich frage jetzt
auch Sie, ob das neue Revier besser ist?
M B:
Das alte gibt es ja nicht mehr und wurde abgerissen.
Und
mit dem neuen sind wir wirklich sehr zufrieden.
B K:
Viele Gastrollen
gab es schon bei „Hubert ohne Staller“. Der Sänger Sasha, Thomas Gottschalk oder
auch der Fußballer Thomas Müller waren schon zu sehen. Gibt es Kollegen, mit
denen Sie gerne noch drehen würden?
M B:
(überlegt)
Es gibt viele österreichische Kollegen, mit denen ich gerne
drehen würde. Da gibt es großartige Talente, die eine eigene Komik haben und die
ich sehr mag. Das wird man im nächsten Film auch sehen. Da spielen wir an der
Grenze und Alfred Dorfer ist dabei. Ich würde auch gerne wieder mit Simon
Schwarz drehen, mit dem es großen Spaß gemacht hat. Aber gerne auch Ofczarek
(Nicholas, u.a. auch zu sehen bei "Braunschlag" und "Der Pass") und Co. bitte, wenn sie
Lust haben. Das würde ich sehr genießen.
Bild: ARD / Max Bublak
B K:
Sie hätten damals
bei Ihrem Dreh für „Monuments Men“ George Clooney überreden sollen mitzumachen.
M B:
(lacht) Das wär’s gewesen, ja. Ihn habe ich als wirklich reizenden
Zeitgenossen kennen gelernt. Ich bewundere ihn sehr. Mit seiner Bekanntheit zu
leben ist schon nicht ohne. Beim Drehen sind die Leute ausgeflippt, unfassbar.
Er muss sich Sachen anziehen, damit er nicht erkannt wird, weil die Leute sonst
durchdrehen.
B K:
Haben Sie eine
Lieblingsfolge von „Hubert und/ohne Staller“?
M B:
(überlegt) Ja, „Schöne Bescherung“. Der letzte 90minüter, bei dem auch
der Abschied von Staller verarbeitet wurde. Da gibt es ein paar wunderbare
Szenen. Der hat Kinoformat, ist schön gefilmt worden und ist wirklich ein
Schmuckstück.
B K:
Haben Sie denn eine
bayerische Lieblingsserie?
M B:
(überlegt)
Als Kind mochte ich das „Königlich
Bayerische Amtsgericht“ sehr gerne, weil das auch meine Mutter geschaut hat und
ich dann auch
mitschauen
durfte. Und „München 7“ habe ich sehr gerne geguckt.
B K:
Vielen Dank für das
Gespräch Herr Brandner.
M B:
Sehr gerne.
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